Die Erklärung des Heiligen
Messopfers
von Pater Martin von Cochem
1. Die
hl. Messe wird auf lateinisch Sakrifizium genannt, ein Wort, das
sich auf Deutsch in seiner ganzen Bedeutung nicht eigentlich
wiedergeben lässt. Wir sagen zwar dafür ein Opfer, aber ein Opfer
kann auch viel weniger sein als ein Sakrifizium. Wenn man zum
Beispiel ein Stück Geld auf den Altar legt, so ist dieses ein Opfer,
und ein solches Opfer ist umso grösser, je grösser die
Selbstentäußerung ist, die man bei der Hingabe übt. Das weißt du aus
dem Lobe, das der liebe Heiland der Witwe spendete, die von ihrer
Armut das opferte, was sie hatte (Mark. 12, 42ff.). Aber ein
Sakrifizium war dies keineswegs, denn das ist etwas viel Größeres
und Erhabeneres. In seiner eigentlichen Bedeutung wird nämlich als
Sakrifizium bezeichnet eine äußere Gabe, die allein Gott als den
Allerhöchsten dargebracht und von einem rechtmäßig verordneten und
geweihten Priester auf gewisse bedeutungsvolle Weise konsekriert
oder geheiligt wird, zur Anerkennung der höchsten Herrschaft des
allmächtigen Gottes über alle Kreaturen. Das Sakrifizium wird also
Gott geheiligt und jedem anderen Gebrauche durchaus entzogen,
weswegen bei der Darbringung gewöhnlich eine Zerstörung der Gabe
stattfindet. Hierdurch wird angedeutet, dass das alles eigentlich
Gott gehört und seiner Herrschaft gänzlich unterworfen ist, auch der
Mensch mit allem, was er ist und was er hat.----Daraus kannst du nun
abnehmen, dass ein Sakrifizium weit mehr ist als ein Opfer. Deswegen
werde ich in diesem Buche das Wort "Sakrifizium" öfter anstatt des
Wortes "Opfer" gebrauchen, damit du bei Anhörung dieses Wortes daran
denkst, dass es sich um jenes vortreffliche Opfer und jenen so hohen
Dienst handelt, der allein dem unendlichen Gott, aber keiner
einzigen Kreatur gebührt.
2. Dass
ein solches Sakrifizium Gott allein zukomme, beweist der hl.
Augustinus aus dem allgemeinen Gebrauch aller Völker, indem er sagt:
"Wer hat jemals dafür gehalten, dass man ein Sakrifizium einem
anderen darbringen solle als einzig demjenigen, den man als Gott
erkannt hat oder dafür hält?" Und an einer anderen Stelle: "Der
Teufel würde von den Seinigen kein Sakrifizium fordern, wenn er
nicht wüsste, dass dieses dem wahren Gott zukäme. Viele große Herren
haben wohl andere Dienste, die Gott erwiesen werden, auch für sich
gefordert; aber es sind doch wenige gewesen, die verlangt haben,
dass man ihnen göttliche Opfer darbringen sollte. Diejenigen aber,
welche dies zu verlangen sich erkühnt haben, wollten sich für Götter
halten lassen." Aus diesen Worten des hl. Augustinus kannst du
ersehen, das Sakrifizium ist ein göttlicher Dienst der keinem
Menschen oder Heiligen oder Engel zukommt.
3. Der
hl. Thomas von Aquin sagt, es sei ein Gesetz der Natur, dem
allmächtigen Gott Sakrifizia oder göttliche Opfer darzubringen, und
dass der Mensch von Natur aus, auch ohne besonderes Gebot und
Ermahnung, dazu angetrieben werde. Das sehen wir an Abel, Noe,
Abraham, Job und den anderen Patriarchen, welche ohne besonderen
göttlichen Befehl, aus bloßem Antrieb der Natur göttliche Opfer
verrichtet haben. Aber selbst die Heiden haben, angetrieben durch
das natürliche Licht ihrer Vernunft, Opfer dargebracht den Götzen,
die sie für Götter hielten. Den Israeliten hat Gott es dann im
Gesetze ausdrücklich befohlen, dass sie ihm täglich und an allen
hohen Festtagen Opfer bringen sollten. Nicht bloß gebot er ihnen,
dass sie ihm Lämmer, Schafe, Kälber und Stiere zum Geschenke geben,
sondern dass diese durch die geweihten Priester unter bestimmten
Gebeten und Zeremonien aufgeopfert werden sollten. Diese mussten
unter dem Klang der Posaunen und dem Gesang von Psalmen die Tiere
schlachten, ihnen die Haut abziehen, das Blut um den Altar gießen
und das Fleisch auf dem Altare verbrennen. Das waren die jüdischen
Sakrifizia oder Opfer, durch welche sie Gott dem Allerhöchsten die
ihm gebührende Ehre geben und bezeugen wollten, dass Gott der wahre
Herrscher über alle Geschöpfe sei.
4. Da
nun alle Völker und Nationen neben Gebeten, Gesängen, Almosen,
Bußwerken und anderem Gottesdienst ihre heiligen Opfer gehabt haben,
durch welche sie dem wahren Gott oder ihren vermeintlichen Göttern
die gebührende Ehre erwiesen, so war es geziemend, dass auch
Christus seiner Kirche mit dem wahren Glauben ebenso ein wirkliches
Opfer als äußeren Gottesdienst verordnete, durch welches sie Gott
die ihm gebührende Ehre geben und ihm den größten Gefallen erweisen
könnte. Es wird sich ja kein vernünftiger Mensch denken können, dass
Christus seiner Kirche oder Gemeinde, die er in allen Dingen auf das
vollkommenste ausstatten wollte, diesen höchsten Gottesdienst
vorenthalten und sie in einer so gar hochwichtigen Sache voll Mangel
hatte sein lassen wollen. Dann wäre die Kirche in diesem Stücke ja
doch geringer gewesen als das Judentum, welches so herrliche Opfer
hatte, dass selbst vornehme Heiden aus fernen Landen kamen, um
diesen jüdischen Gottesdienst zu sehen, und dass einige heidnische
Könige die Unkosten, die derselbe erforderte, bestritten haben, wie
im zweiten Buche der Makkabäer zu lesen ist.
5. Was
für ein Opfer nun jenes ist, welches Christus seiner Kirche gegeben
hat, das lehrt uns die heilige katholische Kirche auf dem Konzil von
Trient, indem sie sagt: "Da im alten Testamente nach dem Zeugnis des
Apostels Paulus wegen der Schwäche des levitischen Priestertums
Vollkommenheit nicht möglich war, so musste nach der Anordnung
Gottes, des Vaters der Barmherzigkeit, ein anderer Priester nach der
Ordnung des Melchisedech aufstehen, unser Herr Jesus Christus, dass
er alle, soviele geheiligt werden sollten, vollenden und zur
Vollkommenheit hinführen könnte. Dieser also unser Gott und Herr
wollte einmal sich selbst auf dem Altare des Kreuzes durch seinen
Tod Gott dem Vater opfern, um dort eine ewige Erlösung zu bewirken.
Weil jedoch sein Priestertum nicht durch den Tod erlöschen sollte,
so hat er beim Ietzten Abendmahle, in der Nacht, da er verraten
wurde, seinen Leib und sein Blut unter den Gestalten von Brot und
Wein Gott dem Vater aufgeopfert, beides unter denselben Gestalten
den Aposteln, die er damals zu Priestern des neuen Bundes einsetzte,
zum Genusse dargereicht und ihnen sowie ihren Nachfolgern im
Priesteramte zu opfern vorgeschrieben mit den Worten: Tuet dies zu
meinem Andenken. Dadurch hat er sich selbst als den für ewig
bestimmten Priester nach der Ordnung Melchisedechs dargestellt. Das
hat er getan, um seiner geliebten Braut, der Kirche, wie es die
menschliche Natur verlangt, ein sichtbares Opfer zu hinterlassen,
durch welches das einmal am Kreuze blutigerweise dargebrachte vor
Augen gestellt werden, das Andenken an dasselbe bis zum Ende der
Zeiten lebendig bleiben und seine heilsame Kraft zur Nachlassung
jener Sünden, die von uns täglich begangen werden, in Anwendung
kommen sollte. So hat es die katholische Kirche immer verstanden und
gelehrt. Und das ist nun jenes reine Opfer, das durch keine
Unwürdigkeit oder Bosheit der Opfernden befleckt werden kann, wovon
der Herr gesagt hat durch den Propheten Malachias, dass er seinem
Namen, der groß werden solle unter den Völkern, an allen Orten als
ein reines Opfer werde dargebracht. Auch der Apostel Paulus spricht
nicht dunkel davon, wenn er den Korinthern (1. Kor. 10, 20 ff.)
schreibt, es dürften diejenigen, die sich durch Teilnahme am Tische
der Teufel befleckt hätten, nicht auch teilnehmen am Tische des
Herrn, wobei er beidemal unter "Tisch" den Altar versteht. Dieses
ist schließlich das Opfer, von welchem die verschiedenen Opfer zur
Zeit der Naturreligion und des Alten Testamentes Vorbilder waren; es
enthält ja alle jene Güter, die durch jene angedeutet wurden, denn
es ist die vollkommene Vollendung von ihnen allen." (Sitzg. 22, Kap.
1.)
6.
Dieses und noch vieles andere sagt die hl. katholische Kirche und
befiehlt uns zu glauben, dass Christus beim letzten Abendmahle nicht
allein Brot und Wein in sein hl. Fleisch und Blut verwandelt,
sondern dieses auch Gott dem Vater aufgeopfert, also das Opfer des
Neuen Bundes eingesetzt und in eigener Person verrichtet habe. Du
kannst aus obigen Worten schon ersehen, wie man dieselbe Wahrheit
auch aus der Heiligen Schrift erweisen kann. Denn es ist darauf
hingewiesen, wie Christus hierdurch gezeigt hat, dass er ein
Priester nach der Ordnung Melchisedechs sei. Von diesem erzählt die
Heilige Schrift (Gen. 14,18): "Und Melchisedech, König von Salem,
brachte Brot und Wein, denn er war ein Priester Gottes des
Allerhöchsten." Dass nun Melchisedech Brot und Wein als Opfer dem
höchsten Gott dargebracht habe, steht ja zwar nicht ausdrücklich
dabei, ist aber schon zur Genüge in dem Zusatz enthalten, dass er
ein Priester des Allerhöchsten gewesen sei. So hat es auch David
ausgelegt, da er im 109. Psalm (V. 4) sagt: "Der Herr hat geschworen
und es wird ihn nicht gereuen: Du bist ein Priester auf ewiglich
nach der Ordnung des Melchisedech." Was nun das Hauptamt eines
Priesters sei, das setzt der hl. Paulus auseinander, da er an die
Hebräer (8, 3) schreibt: 'Ein jeder Hohepriester wird aufgestellt
zur Darbringung von Gaben und Opfern," und noch klarer im fünften
Kapitel: "Jeder Hohepriester, aus den Menschen genommen, wird für
die Menschen bestellt in ihren Angelegenheiten bei Gott, damit er
darbringe Gaben und Opfer für die Sünden . . . Niemand nimmt sich
selbst diese Würde, sondern der dazu von Gott berufen wird, wie
Aaron. So hat auch Christus nicht sich selbst die Herrlichkeit
beigelegt, Hoherpriester zu werden, sondern der zu ihm gesagt hat:
Mein Sohn bist du, heute habe ich dich gezeugt, wie er auch an einer
anderen Stelle spricht: Du bist Priester auf ewig nach der Weise des
Melchisedech." Darauf redet der Apostel vom Leiden Jesu und fährt
dann fort: Obwohl er der Sohn Gottes war, hat er aus dem, was er
gelitten, Gehorsam gelernt und zur Vollendung gebracht, ist er für
alle, die ihm gehorchen, Urheber des ewigen Heiles geworden,
angeredet von Gott als Hoherpriester nach der Ordnung Melchisedechs.
Davon habe ich Großes zu reden und was schwer auszulegen ist."
7. Aus
diesen Texten folgt ganz klar, dass Christus und Melchisedech
Hohepriester gewesen sind und dass beide dem allerhöchsten Gott
Opfer und Gaben dargebracht haben. Melchisedechs Opfer aber ist
dadurch merkwürdig, dass er keine Tiere geopfert hat, wie es Abraham
und die Gottesfürchtigen jener Zeit zu tun pflegten, sondern er hat
auf Eingebung des Heiligen Geistes gegen den damaligen Gebrauch Brot
und Wein Gott zum angenehmen Opfer dargebracht, und dadurch hat er
verdient, ein Vorbild Christi und des Opfers des Neuen Testamentes
zu werden. Nach dieser Ordnung ist Christus zum Priester von Gott
dem Vater bestellt, nicht nach der Ordnung oder der Weise des Aaron,
der geschlachtete Tiere zu opfern hatte. Nun ist die Frage, wann
Christus sein priesterliches Amt nach der Weise des Melchisedech
ausgeübt habe. Ich antworte: Es ist geschehen beim letzten
Abendmahl, wovon die heiligen Evangelisten sowie St. Paulus
erzählen: "In jener Nacht da er verraten wurde, nahm Jesus das Brot,
segnete und brach es, gab es seinen Jüngern und sprach: Nehmet hin
und esset, dies ist mein Leib, der für euch hingegeben wird.
Desgleichen nahm er auch den Kelch, dankte, gab ihnen denselben und
sprach: Trinket alle daraus, denn dies ist mein Blut des Neuen
Testamentes das für viele wird vergossen werden zur Vergebung der
Sünden. Tuet dies zu meinem Andenken.
In
diesen Worten hat der Heiland klar zum Ausdruck gebracht, dass er
seinen unter der Gestalt des Brotes vorhandenen heiligen Leib und
sein im Kelche vorhandenes heiliges Blut dem himmlischen Vater
aufopferte zur Vergebung für unsere Sünden. In diesem Augenblicke
hat er sein Priestertum "nach der Ordnung des Melchisedech" ausgeübt
und setzt es in derselben Weise fort bis zum Ende der Zeiten, wovon
der heilige Paulus schreibt (1. Kor. 11, 26): "Sooft ihr dieses Brot
esset und diesen Kelch trinket, sollt ihr den Tod des Herrn
verkündigen, bis dass er kommt."
8. So
bleibt denn wahr, was die Kirche auf dem Konzil zu Trient
beschlossen hat. Es geht auch noch aus jenen Worten hervor, mit
denen der Prophet Malachias (1, 10 f.) folgende Weissagung
ausgesprochen hat: "Ich habe kein Wohlgefallen an euch, spricht der
Herr der Heerscharen, und nehme kein Opfer an aus euren Händen, denn
vom Aufgange der Sonne bis zu ihrem Untergange wird mein Name groß
werden unter den Völkern, und an allen Orten wird meinem Namen
geopfert und ein reines (Speis-) Opfer dargebracht werden." Hierin
ist das hl. Messopfer klar und wahr vorhergesagt, wie alle hl. Väter
aufs bestimmteste bezeugen. Denn diese Weissagung ist nicht erfüllt
worden im Alten sondern im Neuen Testamente, wo auch erfüllt wurde,
was der Vater seinem Sohne im 2. Psalm (V. 7f.) versprochen hat: "Du
bist mein Sohn, heute habe ich dich gezeugt. Begehre von mir, so
will ich dir geben die Heiden zu deinem Erbe und zu deinem Eigentum
die Enden der Erde." Das ist geschehen, als die Heiden durch die
Predigt der Apostel zum Glauben bekehrt wurden. Die Weissagung des
Malachias ist auch nicht von dem Opfer Christi am Kreuze zu
verstehen, den dieses Opfer ist nicht an allen Orten, wie der
Prophet es sagt, sondern nur an einem Orte, nämlich auf dem
Kalvarienberge dargebracht worden. Die Weissagung ist auch nicht vom
Lobe Gottes, wie die Nichtkatholiken sagen, noch von unseren guten
Werken zu verstehen, denn abgesehen davon, dass das hebräische Wort
ein Speiseopfer bedeutet, sind unsere Lieder und Werke kein reines,
sondern ein gar unreines Opfer, wie jene selbst zugeben und aus den
Worten des Isaias (64, 6) erweisen wollen: "All unsere Gerechtigkeit
ist wie ein unsauberes Tuch."
9.
Diese Weissagung betrifft also ausdrücklich die hl. Messe. Sie ist
das immerwährende Opfer des Neuen Testamentes, welches ganz rein und
heilig in sich ist und an allen Orten und zu allen Zeiten von
Christo selbst durch die Hand der Priester dem himmlischen Vater
aufgeopfert wird. Denn Christus ist der eigentliche und oberste
Priester, die Priester aber sind nur seine Diener und leihen ihm
ihre Hände und ihren Mund zur Vollbringung dieses sichtbaren Opfers.
Denn weil wir Christus nicht sehen können, das Opfer aber, damit es
die Menschen sehen und hören, sichtbar sein muss, deswegen nimmt
Christus die Hilfe der Priester bei der Darbringung seines Opfers in
Anspruch.
10. Nun
wenden die Nichtkatholiken wohl ein, dass das Wörtlein "Messe" nicht
in der hl. Schrift stehe. Das ist freilich wahr, aber das Wort
"Dreifaltigkeit" steht auch nicht in der hl. Schrift, dennoch sind
wir daran zu glauben schuldig. Dass man den Sonntag feiern und die
Kinder taufen solle, stehet auch nicht in der hl. Schrift, dennoch
ist man es zu tun schuldig. Die hl. Schrift hat andere Bezeichnungen
für das hl. Messopfer, z.B. (Apg 13, 2) wo gesprochen wird von dem
heiligen Dienst der dem Herrn verrichtet wurde; aus dem dafür im
Griechischen stehenden Worte ist "Liturgie" geworden. Ferner sagt
sie,; "das Brot brechen," "den Kelch segnen." Weil ferner die
Einsetzungsworte erwähnen, dass Christus "dankte", so nannte man die
hl. Messe sehr bald "Eucharistie", d.h. Danksagung. Wenn nun auch
Wort "Messe" nicht in der hl. Schrift vorkommt, so steht es doch in
den uralten Schriften heiliger Päpste und Kirchenlehrer. So schreibt
der hl. Ambrosius: "Ich aber blieb bei meinem Amte und fing an, die
Messe zu lesen. Während ich opfere, erfahre ich" usw. Der hl.
Augustinus sagt: "In der Lektion, die wir in der Messe lesen müssen,
werden wir vernehmen." Siehe, hier brauchen diese beiden uralten
Kirchenlehrer, welche dreihundert Jahre nach Christus gelebt haben,
das Wort "Messe" in einer Weise, dass man sieht, dass das Wort schon
damals ganz allgemein im Brauch war.
11.
Dass auch die Apostel die hl. Messe gelesen haben, können wir schon
entnehmen aus dem, was wir vorhin aus der Heiligen Schrift erwähnt
haben. Auch in ihren Legenden ist davon zu lesen, ganz besonders
schön in den Märtyrerakten über den Tod des hl. Apostels Andreas.
Als dieser von dem heidnischen Richter aufgefordert wurde, den
Götzen zu opfern, antwortete er: "Alle Tage bringe ich dem
allmächtigen Gott ein lebendiges Opfer dar, täglich opfere ich auf
dem Altare Gott das unbefleckte Lamm. Nachdem das gläubige Volk das
Fleisch dieses unbefleckten Lammes gegessen und dessen Blut
getrunken hat, bleibt dasselbe stets unversehrt und lebendig."
Nach
dem hl. Jakobus und dem hl. Markus haben noch zwei Liturgien oder
Weisen, die hl. Messe zu lesen, ihren Namen; beide stammen in ihren
Grundzügen von diesen Aposteln her. Eine der schönsten Erklärungen
der hl. Messe aus alter Zeit besitzen wir noch in den
Christenlehren, die der hl. Bischof Cyrillus von Jerusalem (gest.
386) zwischen Ostern und Weißem Sonntag an die Neugetauften hielt.
Aus alledem folgt, dass die hl. Messe von Anfang der Kirche an
gewesen und allezeit für das wahre Opfer des Neuen Testamentes
gehalten worden ist.
12. Wie
sehr die Christen in den ersten Jahrhunderten die hl. Messe geliebt
haben, das kann man besonders in den Katakomben sehen, jenen
unterirdischen Gängen und Kapellen bei der Stadt Rom, wo sie ihre
Toten begruben und an den Jahrestagen das Gedächtnis der
Verstorbenen begingen. In Zeiten der Verfolgungen waren das oft die
letzten Zufluchtsstätten. Schließlich drangen die Häscher auch
hierhin, und viele mussten ihr Leben lassen, weil man sie bei der
Feier der hl. Messe überrascht hatte. Wie schwer war dadurch die
Teilnahme am hl. Opfer gemacht! In einer Grabschrift heißt es
deswegen: "0 Jammerzeiten, wo wir nicht einmal die hl. Geheimnisse
und unser Gebet in den Höhlen sicher darbringen können!" Aber selbst
die Todesgefahr vermochte es nicht, die Christen von der hl. Messe
fernzuhalten. Der Kaiser Valerian (257-259) hatte verboten, die
Katakomben zu betreten. Als Chrysanthus und Daria und eine eben vom
Heidentum bekehrte Christin es dennoch taten, wurden sie überrascht
und lebendig begraben. Wie nun der Jahrestag ihres Todes herankam,
begab sich eine große Zahl von Gläubigen zu ihrem Grabe, um durch
die hl. Messe ihr Andenken feierlich zu begehen. Allein sie wurden
entdeckt, und nun verschütteten die Sendlinge des Kaisers alle
Zugänge und stürzten eine Menge von Steinen, Geröll und Schutt
herab, so dass alle Teilnehmer umkamen. Als die Schreckenstage
vorüber und der Kirche Friede wiedergegeben war, wurde die Gruft
geöffnet; da fand man noch die Gebeine der Christen, Männer, Frauen
und Kinder. Die Skelette der Altardiener hielten noch die hl. Gefäße
in ihren Händen. Oh, welchen Eifer haben damals die Christen im
Besuch der hl. Messe gezeigt! Wie lau sind dagegen so oft wir, denen
der Besuch derselben so leicht gemacht ist!
2. Wie die hl. Messe von den Irrlehrern angefochten worden ist.
13. Aus
der Verfolgung, welche der leidige Satan wider das Allerheiligste
Messopfer erweckt hat, ist klar abzunehmen, dass dasselbe sehr
heilig und ihm sehr nachteilig sein müsse, sonst würde er es nicht
so gewaltig angefochten haben. In den ersten tausend Jahren der
Christenheit freilich sind zwar viele Irrlehrer aufgestanden und
haben die Lehre Christi zu vergiften gesucht, aber kein einziger hat
sich getraut, die hl. Messe zu bestreiten, viel weniger sie
abzuschaffen. Nach dem ersten Jahrtausend (um 1050) hat Irrlehrer
Berengar sich unterstanden, wider die hl. Messe zu lehren und zu
schreiben; er fand aber keinen Anhang, ist vielmehr seiner falschen
Lehre überwiesen und hat dieselbe widerrufen müssen.
14.
Danach kamen um das Jahr 1200 in Südfrankreich die Albigenser auf,
welche so gottlose Ketzer waren, dass sie unter anderen schändlichen
Glaubensartikeln den Ehestand für unerlaubt, die Unkeuschheit aber
für zulässig hielten. Diese ließen zwar das feierliche Amt an Sonn-
und Feiertagen in Gegenwart vieler Leute zu; die stille Messe aber,
bei welcher wenig Leute zugegen sind, wollten sie durchaus nicht
dulden und verboten sie bei schwerer Geld- und Leibesstrafe.
15.
Seit den Tagen der Apostel war das hl. Messopfer in der Kirche
bereits gefeiert worden, und nur wenige von den Irrlehrern hatten es
gewagt, dasselbe zu bestreiten. Da trat Luther auf und unterstand
sich, dieses allergöttlichste Geheimnis zu verleugnen, anzufechten
und zu beschimpfen. Das hat er aber nicht aus sich getan, auch nicht
gleich zu Anfang seines Abfalls, sondern mehrere Jahre danach und
auf Eingebung des Teufels. Damit alle Welt dieses erfahre, hat Gott
es so gefügt, dass Luther selbst mit eigener Hand von der
Disputation schreibt, welche er mit dem Teufel gehabt habe. Der
Teufel, so erzählt er, sei ihm in der Nacht erschienen, um mit ihm
über Messe und Priesterweihe zu disputieren. Er selbst habe
hervorgehoben, dass er rechtmäßig geweiht sei und mit Eifer und
Andacht zelebriert habe. Aber jener habe ihm so zugesetzt, dass er
nicht mehr habe antworten können. Und so hat er denn die hl. Messe
abgeschafft, trotzdem er doch wissen musste, dass der Teufel alles
Gute hasst und keinem Menschen etwas Gutes lehrt. Hätte denn Luther
nicht denken sollen: Wenn die hl. Messe eine Abgötterei wäre, so
würde der Teufel ganz gewiss nicht gegen die selbe streiten, noch
viel weniger sie abschaffen, sondern sie höchstens befördern und
loben, damit desto größere Abgötterei begangen und Gott desto
größere Schmach zugefügt würde?
16. Nun
aber hat der Satan auf solche Weise nicht allein den Lutheranern,
sondern auch den Kalvinisten, ja allen nach Luther Abgefallenen das
allerheilsamste Opfer der hl. Messe geraubt und ihnen unersetzlichen
Schaden zugefügt, ja ihnen dieses hochwürdigste Geheimnis so zuwider
gemacht, dass sie es für eine Verleugnung des blutigen Opfers
Christi am Kreuze und für eine "verfluchte Abgötterei" ansehen, wie
die Kalvinisten in ihrem Heidelberger Katechismus lehren. 0 wohl
eine grausige Gotteslästerung, die alle frommen Herzen erzittern
macht! Diese Lästerung will ich mit nur einem Beweise zunichtemachen
und folgendermaßen umstoßen.
17.
Wenn diese ketzerische Lehre richtig wäre, so folgte daraus, dass
von den Zeiten Christi an kein einziger Mensch, nicht einmal ein
Apostel oder Märtyrer, selig geworden wäre. Denn die hl. Apostel und
alle Priester haben die hl. Messe gelesen und Gott dem Allerhöchsten
aufgeopfert; alle hl. Märtyrer und Bekenner haben dieselbe mit
Andacht gehört und für den höchsten Gottesdienst gehalten. Wenn nun
die hl. Messe eine Abgötterei und Verleugnung des einzigen Opfers
Christi gewesen ist, so haben die hl. Apostel und alle Gläubigen
lauter Abgötterei begangen, Gott den Allerhöchsten schwer beleidigt
und sich der ewigen Verdammnis schuldig gemacht. Gleichwie nun kein
vernünftiger Mensch dies behaupten wird, so wird auch keiner
glauben, dass die kalvinistische Lehre wahr sei. So will ich denn
lieber dem hl. Fulgentius als Kalvin und Luther glauben, welcher
ausdrücklich sagt: "Halte fest daran und zweifle nicht im mindesten,
dass der eingeborene Sohn Gottes für uns Mensch geworden ist und
sich für uns dem allmächtigen Gott zum angenehmen Opfer dargebracht
hat, welchem jetzt die katholische Kirche auf der ganzen Welt das
Opfer des Brotes und Weines in Glauben und Liebe darzubringen nicht
aufhört."
18. Zu
den Irrlehrern sagt der geistreiche Petrus von Clugny: "Wenn die
Welt eure neue Lehre annehmen wollte, dann würde in dieser Zeit der
Gnade geschehen, was nie in der Zeit des Zornes geschehen ist; denn
wenn die Christen zu opfern aufhören sollten, so würde der
Gottesdienst, welcher allezeit in der Welt gewesen ist, aus der Welt
ganz verbannt werden. Darum, ihr Feinde Gottes, sagt euch die Kirche
Gottes, dass sie ohne Sacrifizium nicht sein könne, und dass sie in
ihrem heiligen Opfer nichts anderes als den Leib und das Blut ihres
Erlösers darbringe, und was dieser einmal getan hat mit seinem
Sterben, das tut sie allezeit mit ihrem Opfern."
19.
Lasset uns also zusehen, dass uns nicht widerfahre, was den armen
Irrgläubigen geschehen ist. Denn diesen hat der leidige Satan zu
ihrem größten Nachteil die hl. Messe gestohlen, uns Katholiken aber
hat er verblendet, dass wir sie nicht recht mehr verstehen und die
große Kraft des hl. Messopfers nicht mehr erkennen sollen. Ohne
Zweifel ist es durch die Arglist des Teufels