Die Erklärung des Heiligen Messopfers
von Pater Martin von Cochem

 Diese Seite wieder schließen


Katechese

Jesus Christus , das Lamm Gottes

3. Kapitel

Von den Geheimnissen der Heiligen Messe
 
 
  

1. Da ich nunmehr von den Geheimnissen der hl. Messe reden will, dringt es mich, mit David auszurufen: "Kommet und sehet die Werke des Herrn, welche Wunder er gewirkt hat auf Erden."  (Ps. 45.9) Christus hat zwar viele Wunderzeichen hier auf Erden gewirkt, aber mich dünkt, es sei doch keines höher und grösser gewesen, als da er beim letzten Abendmahle das allerhochwürdigste und allerheiligste Messopfer einsetzte. Dasselbe Ist ein kurzer Inbegriff aller Wunderwerke Gottes und ein Wunder über alle Wunder, so dass St. Bonaventura hat dürfen sagen und schreiben: "Die Messe ist in ihrer Weise so voller Geheimisse wie das Meer voller Tropfen, die Luft voller Stäublein, das Firmament voller Sterne und der Himmel voller Engel. Denn in ihr gehen täglich so viele Geheimnisse vor sich, dass ich nicht weiß, ob die allmächtige Hand Gottes jemals etwas Größeres gewirkt hat.

 

2. Mit diesen erstaunlichen Worten des hl. Bonaventura, welche die Geheimnisse der hl. Messe als ganz unzählbar hinstellen, stimmt Pater Sanchez überein, indem er ausführt: "In der hl. Messe empfangen wir so wunderbare und wahrhafte Schätze, so kostbare himmlische Gaben, so viele Güter für das gegenwärtige und so gewisse Hoffnung für das zukünftige Leben, dass wir, um dieses zu begreifen, die Gabe des übernatürlichen Glaubens haben müssen." Damit will er sagen: Wenn uns nicht Gott selbst durch seine übernatürliche Offenbarung über die Schätze der hl. Messe unterrichtet hätte, so würden wir mit unserem einfachen Verstande nichts davon erfassen können. Dann fährt er fort: "Gleich wie du aus dem Meere oder einem Flusse stets genug Wasser schöpfen kannst, also kannst du es auch mit der hl. Messe machen. Denn die Unermesslichkeit derselben ist so groß, dass sie nie erschöpft, nicht einmal vermindert werden kann." Aus diesem schönen Vergleich kannst du abnehmen, wie voller Gnaden und Geheimnisse die hl. Messe ist, und wie viele geistliche und leibliche Güter man täglich daraus schöpfen kann.

 

3. Das hat der hl. Augustinerpater Johannes von Fakundo wohl gewusst, der keinen Tag die hl. Messe unterließ und sie immer des Morgens in aller Frühe las, weil seine Begierde nach dem Opfer Christi so groß war, dass er nicht langer warten konnte. Er las aber die Messe so langsam, dass die Messdiener manchmal vom Altare fortliefen und keiner bei ihm dienen wollte. Als ihm danach der Prior befahl, nicht mehr Zeit zu gebrauchen als die übrigen Priester, gehorchte der heilige Mann freilich; nach einigen Tagen aber fiel er dem Prior zu Füssen und bat, den Befehl zurückzunehmen. Der Prior wollte erst den Grund wissen, weshalb Johannes so viel Zeit haben wollte, aber erst auf langes Drängen teilte dieser ihm denselben mit, und nun sprach der Prior zu einem vertrauten Pater: "Glaube mir für gewiss, dass unser Pater Johannes deswegen so lange Messe liest, weil Gott ihm die großen Geheimnisse, welche in derselben vorgehen, zu erkennen gibt, die so hoch sind, dass kein Mensch sie mit seinem Verstande begreifen kann. Von diesen Geheimnissen hat er mir so große Dinge gesagt, dass ich vor Schrecken fast außer mir war. Glaube mir sicherlich, dass Christus sich diesem Pater leiblicherweise zeigt, mit ihm freundlich redet, ihm seine fünf Wunden weist und aus denselben solchen Glanz über den heiligen Mann ausgießt und ihn so erquickt, dass er ohne Speis und Trank würde leben können. Pater Johannes sieht auch den Leib Christi wie eine glänzende Sonne und erkennt dessen unendliche Glorie und Schönheit. Ja, er erkennt auch so hohe und himmlische Dinge, dass kein Mensch sie recht ergründen oder aussprechen kann. Darum will ich von nun an auch selbst nie unterlassen, die hl. Messe zu lesen oder zu hören und andere dazu anzutreiben." Aus diesen Worten können wir klar erkennen, wie voll wunderbarer Geheimnisse die hl. Messe sein muss. Ein Teil derselben wird schon dadurch begriffen, dass wir die Vorbilder aus dem Alten Testamente betrachten, die in ihr erfüllt, ja gleichsam erneuert werden.

 

4. Das erste Vorbild war das Opfer des frommen und gerechten Abel, welcher aus wahrer Andacht zu Gott von den Erstlingen seiner Herde Gott zum Bekenntnis seiner unendlichen Majestät ein Brandopfer dargebracht hat. Dass dieses Opfer dem lieben Gott gefallen habe, bezeugt die hl. Schrift (Gen. 4, 4) mit den Worten: "Der Herr schaute auf Abel und seine Gaben“, wofür Theodotion übersetzt: "Der Herr zündete das Opfer Abels an," indem er etwa Feuer vom Himmel kommen ließ wie später bei der Einweihung des Tempels. In ähnlicher Weise geschieht es auch bei unserem Messopfer; wenn nämlich der Priester die Worte der hl. Wandlung über Brot und Wein ausspricht, so fällt das göttliche Feuer des Heil. Geistes vom Himmel herab, entzündet gleichsam das Opfer des Brotes und Weines und verwandelt sie in den wahren Leib und das wahre Blut Christi. Das Opfer Abels hat dem allmächtigen Gott sehr wohl gefallen, das Opfer der Christenheit aber gefällt ihm unvergleichlich mehr. Denn wenn ein Priester die hl. Hostie in die Höhe hebt, so spricht der Vater dieselben Worte wie bei der Taufe Christi: "Dieser ist mein geliebter Sohn, an dem ich mein Wohlgefallen habe." (Matth. 3, 17.)

 

5. Das zweite Vorbild war das Opfer des gerechten Noe, von welchem Gen. 8, 20f. geschrieben steht: "Noe aber baute dem Herrn einen Altar und nahm von allen reinen Tieren und Vögeln und opferte Brandopfer auf dem Altare. Und der Herr roch den lieblichen Geruch und sprach: "Niemals wieder will ich die Erde verfluchen um der Menschen willen." Wenn nun also der erzürnte Gott solches Gefallen an dem Opfer des Noe gehabt hat, dass er versprach, die Welt hinfür niemals mit einer Sintflut wieder zu strafen, wieviel mehr wird ihm dann das Opfer gefallen, in welchem der allersüßeste Geruch der Tugenden und Heiligkeiten Christi zum Himmel emporsteigt?

6. Das dritte Vorbild des hl. Messopfers waren die verschiedenen Opfer des Patriarchen Abraham, von dem mehrere Mal in der hl. Schrift steht: "Abraham erbaute dem Herrn einen Altar und rief allda dessen Namen an. Ebendasselbe liest man auch von Isaak und Jakob, welche Diener des wahren Gottes waren und nach dem Beispiele aller Gerechten dem Herrn aller Herren Brand- und Schlachtopfer darbrachten. Alle Priester des Neuen Testamentes sind diesen großen Dienern Gottes getreulich nachgekommen und setzen das bis auf den heutigen Tag mit heiligem Eifer fort, indem alle, die nur ein wenig wahre Andacht zu Gott haben, ihm auch täglich das allerhochwürdigste Opfer aufopfern.

 

7. Das vierte Vorbild unseres heiligsten Messopfers war das Opfer des Königs und Hohenpriesters Melchisedech, der dem allmächtigen Gott zur Danksagung für den Sieg Abrahams in neuer Art Brot und Wein unter bestimmten Zeremonien und Gebeten aufopferte. Aber davon ist schon im ersten Kapitel genug gesagt worden.

 

8. So kommen wir denn zum fünften Vorbilde, das Opfer Aarons und aller Priester des mosaischen Gesetzes, welches von Gott selbstgegeben war. Denn vor dieser Zeit hatten die frommen Väter aus freiem Willen nach Eingebung des natürlichen Verstandeslichtes, wann und wo sie wollten, Opfer Gott dargebracht. Im Gesetz aber hat Gott befohlen, dass die Juden ihm vornehmlich dreierlei Opfer darbringen sollten, nämlich Brandopfer, Friedopfer und Sühnopfer. Täglich sollten sie ihm zwei Lämmlin schlachten und aufopfern, nämlich morgens eins und abends eins. Alle diese jüdischen Opfer haben gewährt bis auf Christus und waren klare Vorbedeutungen zunächst des Kreuzesopfers. Nach dem Tode Christi aber haben dieselben aufgehört; an ihre Stelle trat das Messopfer als tägliche Erneuerung des Kreuzesopfers.

 

9. Aller dieser Opfer von den ersten Zeiten her, geschieht ausdrückliche Erwähnung in jeder heiligen Messe, da der Priester bald nach der hl. Wandlung also zum Herrn des Himmels und der Erde spricht: "Wir opfern Dir, O Herr, das heilige Brot des ewigen Lebens und den Kelch des immerwährenden Heiles. Sieh darauf herab mit dem Blicke deiner Huld und Gnade und lass es dir wohlgefällig sein, wie du dich gewürdigt hast, mit Wohlgefallen anzunehmen die Gaben deines gerechten Dieners Abel, das Opfer unseres Patriarchen Abraham, wie auch das heilige Opfer, die unbefleckte Opfergabe, welche dir dein Hoherpriester Melchisedech dargebracht hat.“ Dadurch zeigt die Kirche selbst, dass jene Opfer Vorbilder des hl. Messopfers waren, wenn dieselben auch nicht im Mindesten an den Wert der hier geopferten Gabe heranreichen können.

 

10. An diesem Gebete aber stoßen sich viele fromme Katholiken und Nichtkatholiken und ärgern sich daran, weil sie meinen, der Priester rufe Gott an, dass er sein Opfer auf dieselbe Weise gnädig aufnehme, wie er das Opfer Abels, Abrahams und Melchisedechs gnädig aufgenommen hat, da doch unbezweifelt wahr ist, dass das Messopfer, in welchem der heiligste Leib und das heiligste Blut Christi Gott dem Herrn geopfert wird, Ihm unendlich angenehmer ist, als die Tiere und das Brot und der Wein, welche Abel, Abraham und Melchisedech Ihm geopfert haben. Hier ist aber wohl zu bedenken, dass die Priester nicht bitten, der liebe Gott wolle dasjenige, was sie Ihm opfern, in Gnaden annehmen, da das, was sie Ihm darbringen, Jesus Christus, sein vielgeliebter Sohn, Ihm unendlich wohlgefälliger ist, als alle Geschöpfe; sondern die Priester bitten nur, Gott wolle ihr Opfer, die Art und Weise zu opfern, oder die Andacht, mit welcher die das hochheilige Messopfer verrichten, ebenso in Gnaden aufnehmen, wie Er die Andacht, mit welcher Abel, Abraham und Melchisedech ihre Opfer dargebracht haben, in Gnaden aufgenommen hat. Er handelt sich also hierbei nicht um die Würdigkeit des Opfers, die unzweifelhaft ist, sondern um die Annahme der Andacht des opfernden Priesters und der mit ihnen vereinten Gemeinde. Möchten nur wir alle beim hl. Messopfer dieselbe Andacht haben, mit welcher jene ihr Opfer verrichteten, damit Gott auch aus unserer Hand die heiligste Opfergabe in Gnaden aufnehmen könne.

 

11. Was nun die Geheimnisse des heiligsten Messopfers angeht, so ist vor allem festzuhalten, dass in demselben die vorzüglichsten Geheimnisse des ganzen Lebens und Leidens Jesu Christi enthalten sind und uns vorgestellt werden. Das deutet bereits David in prophetischem Geiste an, wenn er spricht: 'Ein Gedächtnis stiftete Er in seinen Wundern, der gnädige und barmherzige Herr." (Ps. 110, 4.) Und damit wir erkennen möchten, dass hiermit auf die hl. Messe hingewiesen sei, sagt er in einem anderen Psalm (Ps. 25, 6,7): "Ich um deinen Altar her sein, o Herr, damit ich höre die Stimme des Lobes und erzähle alle deine Wunder." Hat denn nicht Christus ähnliches gesagt, als er das hochheilige Messopfer einsetzte und zu seinen Aposteln sprach: " Dies tuet zu meinem Andenken?" Als wollte er sagen: Da ich nun von euch scheiden muss und nach Vollendung der Erlösung der menschlichen Geschlechts zu meinem himmlischen Vater gehen werde, darum setze ich die hl. Messe als das einzige Opfer des Neuen Bundes ein, in welchem alle Geheimnisse meines ganzen Leben und Leidens eingeschossen sind und allen meinen Gläubigen vor Augen gestellt werden, auf dass ihr meiner niemals vergesset, sondern Mich allezeit in eurem Andenken behaltet.

 

12. Dass dieses sich wirklich so verhält, will ich kurz beweisen und erklären. Erstens wird das hochwürdigste Geheimnis der gnadenreichen Menschwerdung Jesu Christi nicht allein vorgestellt, sondern wahrhaft erneuert. Denn gleichwie die allerseligste Jungfrau Maria zur Vollbringung der Menschwerdung des  Sohnes Gottes ihren Leib und ihre Seele darbot und aufopferte, und in Ihr durch Wirkung des Heiligen Geistes das Wort Fleisch geworden ist: ebenso bietet der Priester den himmlischen Vater Brot und Wein dar, opfert es Ihm auf, und der Heilige Geist verwandelt sie Kraft der Wandlungsworte in den wahren Leib und das wahre Blut Christi. Auf diese Weise wird das allergöttlichste Geheimnis der Menschwerdung Christi erneuert, und der Priester hat ebensowohl Christus in seinen Händen, wie ihn die Muttergottes Ihn in ihrem jungfräulichen Leibe getragen hat. Ist das nicht ein Wunder über alle Wunder?

 

13. Das gnadenreiche Geheimnis der Geburt Christi wird ebenso erneuert und uns klar vor Augen gestellt. Denn gleichwie Christus aus der allerseligsten Jungfrau die Menschheit annahm, so nimmt Er in der hl. Messe auf die Worte des Priesters hin die Menschheit an, und wenn der Priester das letzte Wort der Wandlung ausgesprochen hat, so hat er den menschgewordenen Heiland wahrhaft in seinen priesterlichen Händen. Zur Bezeugung dessen fällt er sogleich auf seine Knie, betet seinen Gott und Schöpfer in seinen Händen demütig an, hebt ihn mit Andacht in die Höhe und zeigt ihn mit Freuden dem anwesenden Volke. Gleichwie die liebe Mutter Gottes ihr neugeborenes Kindlein, in Windeln gewickelt, den frommen Hirten gezeigt und zur Anbetung dargeboten hat, zeigt auch der Priester dem Volke dasselbe Christkindlein unter den Gestalten des Brotes, wie in Windeln eingehüllt, auf dass alle Es erkennen und als ihren Herrn und Gott anbeten. Wer dieses von Herzen tut, der übt eine größere Tugend als die frommen Hirten, denn diese sahen die Menschheit Christi mit Augen und glaubten an seine Gottheit, wir aber sehen nur die äußeren Gestalten von Brot und Wein und glauben dennoch fest, dass die Gottheit und Menschheit Christi darunter verborgen ist.

 

14. In der hl. Messe haben wir auch denjenigen gegenwärtig, welchen die hl. drei Könige angebetet, der greise Simeon auf seine Arme genommen und den Maria Gott dem Vater im Tempel aufgeopfert hat. Diesen Dreien können wir in der Heiligen Messe nachfolgen, und so durch unsere Andacht Christus wohlgefällig werden und uns ewigen Lohn verdienen. Wir hören auch Christum sein hl. Evangelium durch den Mund des Priesters verkündigen und können daraus Heil und Nutzen schöpfen. Wir sehen ferner Christus bei der hl. Messe Wunder wirken, denn da er den Wein in sein hl. Blut verwandelt, so ist das ein viel größeres Wunder, als da er zu Kana das Wasser in Wein verwandelte. Wir sehen ihn auch  sein letztes Abendmahl wiederum halten und von neuem Brot und Wein in sein wahres Fleisch und Blut verwandeln. Endlich sehen wir bei der Aufhebung auch Christum am Kreuze erhöht und hören ihn mit den Ohren unseres Geistes für uns beten: "Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun" (Luk. 23,34) und wie schwer sie mit ihren Sünden deine Gottheit beleidigen. Dieses alles sehen wir zwar nicht mit den leiblichen Augen, aber mit den Augen des übernatürlichen Glaubens ,und durch diesen unseren festen Glauben verdienen wir umso größeren Lohn, wie Christus ausdrücklich bezeugt, da er zu Thomas spricht: "Selig sind, die nicht sehen und doch glauben." (Joh. 20, 29.) Je höher und unbegreiflicher diese Geheimnisse sind, um so verdienstlicher ist auch unser Glaube und umso reicher wird unser Lohn sein im Himmel.

 

15. In der hl. Messe erfüllt Christus auch sein treues und tröstliches Versprechen, das er vor seinem Scheiden gegeben hat mit den Worten: "Siehe, ich bleibe bei euch alle Tage, bis an das Ende der Welt." (Matth. 28, 20.) Kraft seiner Gottheit ist ja Christus freilich immer und überall gegenwärtig, und darum ist dies Versprechen ebenso von seiner heiligen Menschheit zu verstehen, mit welcher er in der hl. Messe und in dem hochwürdigsten Sakrament des Altares zugegen ist. Da weilt er Tag und Nacht persönlich bei uns, ist allezeit bereit, uns Audienz zu geben, unser Begehren anzuhören und uns in unseren Nöten zu helfen. In der hl. Messe aber ist er noch überdies unser Opfer, unser Fürsprecher und die Versöhnung für unsere Sünden. Denn, weil Christus in der hl. Messe sein priesterliches Amt ausübt, deswegen steht ihm von Amtswegen zu, wie Paulus (Hebr. 5) sagt, „dass er darbringe Gaben und Opfer für die Sünden des Volkes“, dass er sich nämlich selbst seinem Vater für das Volk aufopfert, wie er sich ihm am Kreuze aufgeopfert hat. Daraus erhellt, dass zwischen der hl. Hostie im Tabernakel oder der Monstranz und in der hl. Messe doch noch ein großer Unterschied ist, obwohl die Gegenwart Christi dieselbe ist. Denn in der hl. Messe liegt die hl. Hostie zugleich als Opfergabe vor den Augen des Vaters.
 

16. Welches sind nun wohl die wichtigsten Ursachen, warum der liebe Heiland Tag und Nacht bei uns sein will, bis ans Ende der Welt?

a)   Weil Er das Haupt seiner Kirche ist, und die Glieder dieser Kirche sein geistlicher Leib sind, deswegen gebührt es sich, dass, weil der Leib nicht beim Haupte im Himmel sein kann, das Haupt beim Leibe auf der Erde sei.

b)   Weil Christus der Bräutigam und die Kirche die Braut ist, mit welcher Er sich weit inniger verbunden hat, als hienieden Bräutigam und Braut sich verbinden können, so treibt Ihn seine Liebe an, unaufhörlich im bei seiner geliebten Braut zu sein. Sehr schön beschreibt im Briefe an die Epheser der hl. Paulus die Liebe Christi zu seiner Braut: „Männer, liebet eure Weiber, wie auch Christus die Kirche geliebt und sich selbst für sie hingegeben hat, um sie zu heiligen und reinigen in der Wassertaufe durch das Wort des Lebens, um selbst herrlich die Kirche sich darzustellen, ohne Makel, ohne Runzel oder etwas dergleichen, sondern dass sie heilig und unbefleckt sei." Durch die hl. Taufe werden die Menschen Glieder der Kirche und so schön geschmückt wie die lieben Engel. Darum liebt Christus eine solche reine Seele mehr als ein Bräutigam die allerschönste Braut. Deshalb will er auch bei ihr bleiben alle Tage bis zum Ende der Welt. Dass aber Christus unsichtbarerweise bei seiner geliebten Braut, der Kirche, sein will, kommt daher, weil seine Vermählung nicht leiblicher-, sondern geistigerweise durch den Glauben geschieht, wie Er selbst bei dem Propheten Oseas bezeugt:“ Ich verlobe Mich mit dir auf ewig, und verlobe Mich mit dir durch Gerechtigkeit und Gericht, durch Gnade und Erbarmung. Ich verlobe Mich mit dir im Glauben, und du wirst erkennen, dass Ich der Herr bin.“ (Oseas 2,19.20)Weil sich nun Christus mit seiner Kirche im Glauben vermählt, deshalb geziemt es sich, dass Er verborgen bleibe, damit seine Braut oder die gläubigen Seelen Gelegenheit haben, den Glauben zu üben und dadurch täglich große Belohnung im Himmel zu verdienen.

c)   Weil Christus der Bräutigam seiner Kirche ist, geziemt es sich, dass Er seiner Braut vorstehe, ihr die notwendige Nahrung verschaffe und sich ihres Heiles und ihrer Wohlfahrt treulich annehme. Dieses alles und noch mehr tut Er in der heiligen Messe und im geistigen leiblichen Genusse des Allerheiligsten Sakramentes, und beweist so durch die Tat, dass Er ein treuer Liebhaber seiner geliebten Braut ist, indem Er ihr alles zu ihren zeitlichen und ewigen Heile Notwendige verschafft.

  

17. 0 christliche Seele, wenn du in der Todsünde lebst, so gehörst du dem Teufel an, und der leidige Satan regiert dich. Bist du aber im Stande der Gnade, so bist du eine Braut Christi und wirst von deinem Bräutigam herzlich geliebt und mit allem, was zu deinem Heile dient, fleißig versorgt. Was für Gnaden und Guttaten meinst du, wird dir dein liebender Bräutigam bei einer heiligen Messe erweisen und wie viele Mittel wird Er dir an die Hand geben, um die Tugend zu üben und deine Seligkeit zu sichern? Höre und verwundere dich! Ich sage dir ernstlich und will es dir in diesem Buche gründlich beweisen, dass Jesus aus lauter Liebe zu dir in jeder hl. Messe, die du ohne Todsünde mit Andacht anhörst und wobei du mit Sammlung des Geistes deine Messgebete sprichst, siebenundsiebzig Gnaden zu verdienen gibt. Auf dass du dies erkennest und glaubest, will ich dir dieselben nacheinander aufzählen.
 

Siebenundsiebzig Gnaden und Früchte, die aus dem andächtigen Messehören entspringen

1. Wegen deines Heiles schickt Gott Vater seinen lieben Sohn vom Himmel herab.

2. Zu deinem Heil verwandelt der Heilige Geist Brot und Wein in den wahren Leib und das wahre Blut Christi.

3. Um deinetwillen kommt der Sohn Gottes vom Himmel herab und verbirgt sich unter der Gestalt der hl. Hostie.

4. Ja, er erniedrigt sich so sehr, dass er auch in dem allerkleinsten Teilchen der hl. Hostie gegenwärtig ist.

5. Wegen deines Heiles erneuert er das gnadenreiche Geheimnis seiner Menschwerdung.

6. Zu deinem Heile wird er in jeder heiligen Messe wiederum geistiger Weise geboren.

7. Zu deinem Heile verrichtet er auf dem Altare alle Andachten, welche er auf Erden vollbracht hat.

8. Zu deinem Heile erneuert er sein bitteres Leiden, auf dass er dich dessen teilhaftig mache.

9. Zu deinem Heile stirbt er wiederum geistigerweise und gibt sein kostbares Leben für dich.

10. Zu deinem Heile vergießt er geistigerweise sein heiliges Blut und opfert es dem himmlischen Vater für dich auf.

11. Mit diesem heiligen Blute besprengt er deine Seele und reinigt sie von ihren Makeln.

12. Für dich opfert sich Christus zum wahren Brandopfer und gibt der Gottheit so große Ehre, als sie zu empfangen würdig ist.

13. Wenn du diese Ehre Gott aufopferst, so erstattest du ihm die Ehre, welche du ihm zu geben unterlassen hast.

14. Für dich opfert er sich zum Lobopfer und erstattet, was du am Lobe Gottes versäumt hast

15. Wenn du dieses Lob Christi Gott aufopferst, so gibst du ihm ein höheres Lob, als die Engel ihm geben.

16. Für dich opfert sich Christus zum vollkommensten Dankopfer und erstattet, was du im Danksagen versäumt hast.

17. Wenn du diesen Dank Christi Gott aufopferst, so vergiltst du ihm reichlich alle Wohltaten, welche er dir erwiesen hat.

18. Für dich opfert sich Christus zum mächtigsten Versöhnungsopfer und macht dir den erzürnten Gott wiederum zum Freunde.

19. Er verzeiht dir auch alle deine lässlichen Sünden, welche du zu meiden entschlossen bist.20. Er ersetzt auch viele von deinen Versäumnissen, welche du durch Unterlassung des Guten begangen hast.21. Er verbessert viele von deinen Nachlässigkeiten, welche du in Verrichtung des Guten dir hast zu Schulden kommen lassen.

22. Er verzeiht dir auch deine unbewussten und vergessenen Sünden, welche du niemals gebeichtest hast.

23. Er opfert sich zum Opfer der Genugtuung und zahlt einen Teil deiner Schulden oder Strafen.

24. Durch eine jede hl. Messe kannst du mehr Strafen abbüßen, als durch ein anderes schweres Bußwerk.

25. Christus schenkt dir einen Teil seiner Verdienste, welche du Gott dem Vater für deine Sünden aufopfern kannst.

26. Christus opfert sich für dich zum kräftigsten Bittopfer und bittet für dich so herzlich, als er am Kreuze für seine Feinde gebetet hat.

27. Sein heiliges Blut ruft für dich mit so vielen Worten, wie Blutströpflein aus seinem Leibe geflossen sind.28. Seine heiligen Wunden rufen für dich mit so vielen Stimmen, wie ihrer an seinem Leibe gewesen sind.
29. Wegen dieses kräftigen Bittopfers erwirbst du das Erbetene weit eher in als außer der hl. Messe.
30. Das Gebet, welches du bei der hl. Messe verrichtest, ist viel besser als das, welches du außer der hl. Messe sprichst.
31. Denn Christus vereinigt es mit seinen Gebeten und opfert es seinem himmlischen Vater auf.
32. Deine Nöte und Gefahren trägt er ihm treulich vor und lässt sich dein Heil ganz angelegen sein.
33. Alle gegenwärtigen Engel bitten auch für dich und opfern Gott dem Herrn dein armseliges Gebet auf.
34. Der Priester liest die hl. Messe für dich, durch deren Kraft der böse Feind von dir abgehalten wird.
35. Er liest seine Messe auch für dich und opfert sie Gott auf zu deinem größeren Heile.
36. Wenn du der hl. Messe beiwohnst, so bist du geistiger Weise ein Priester, und Christus verleiht dir Gewalt, die hl. Messe aufzuopfern, sowohl für dich, als auch für andere.
37. Wenn du die hl. Messe aufopferst, so verehrst du der heiligsten Dreifaltigkeit die allerangenehmste Gabe.
38. Du opferst ihr eine so kostbare Gabe, die mehr wert ist, als Himmel und Erde.

39. Du opferst ihr eine so kostbare Gabe, welche ebenso viel wert ist wie Gott selber.
40. Durch diese Aufopferung erweisest du Gott eine so hohe Ehre, als Gott verehrt zu werden würdig ist.
41. Durch diese Aufopferung erfreuest du die Allerheiligste Dreifaltigkeit auf unendliche Weise.
42. Diese so edle Gabe opferst du als deine eigene Gabe, weil sie dir von Christus selbst geschenkt wird.
43. Wenn du die hl. Messe recht hörest, so verrichtest du ein Werk des höchsten Gottesdienstes.
44. Durch das Messehören erweisest du der Menschheit Christi den höchsten Dienst und Huldigung.
45. Dadurch verehrst du das Leiden Christi auf die beste Weise und machst dich der Früchte desselben teilhaftig.
46. Du kannst auch dadurch die Mutter Gottes auf die beste Weise verehren und erfreuen.
47. Alle Engel und Heiligen kannst du mit dem Messehören mehr verehren als durch das Sprechen vieler Gebete.
48. Durch das andächtige Messehören kannst du an deiner Seele reicher werden als durch irgendetwas dieser Welt.
49. Denn dadurch übest du eines von den allerbesten guten Werken.
50. Du verrichtest eine hohe Übung des wahren Glaubens und verdienst dadurch einen hohen Lohn.
51. Wenn du dich vor der heiligen Hostie und dem heiligen Kelch niederbeugst, so verrichtest du ein vortreffliches Werk der Anbetung.
52. Sooft du die heilige Hostie andächtig anschauest, verdienst du dir einen besonderen Lohn im Himmel.
53. Sooft du reumütig an deine Brust schlägst, so oft erlangst du Verzeihung einiger Sünden.
54. Wenn du im Stande der Todsünde die heilige Messe hörest, so bietet dir Gott die Gnade der Bekehrung an.
55. Wenn du im Stande der Gnade die hl. Messe hörest, so vermehrt dir Gott seine Gnade.
56. Bei der hl. Messe wirst du mit dem Leibe und Blute Christi geistiger Weise gespeist und getränkt.
57. Du wirst gewürdigt, Christus, unter den heiligen Gestalten verborgen, mit deinen Augen anzuschauen und von ihm angeschaut zu werden.
58. Du empfängst auch den priesterlichen Segen, und Christus bekräftigt denselben im Himmel.
59. Durch das fleißige Messehören wirst du an zeitlichen und leiblichen Gütern gesegnet.
60. Dadurch wirst du vor vielem Unglück bewahrt, in welches du sonst gefallen wärest.
61. Du wirst in deinen Anfechtungen gestärkt, von denen du sonst wärest überwunden worden.
62. Durch jede hl. Messe erwirbst du die Gnade, selig zu sterben.
63. Wegen der gehörten hl. Messe erlangst du besondere Hilfe im Sterben von den Engeln und Heiligen.
64. Bei deinem Sterben werden dich die gehörten hl. Messen trösten und dir ein festes Vertrauen auf die göttliche Barmherzigkeit verschaffen.
65. Sie werden mit dir zum göttlichen Gerichte gehen und bei dem strengen Richter Gnade erbitten.
66. Du darfst ein kurzes und gelindes Fegfeuer erwarten, weil du mit den vielen hl. Messen deine Strafen größtenteils abgebüßt hast.

67. Denn durch jede heilige Messe milderst du dein Fegfeuer mehr als durch ein anderes schweres Bußwerk.

68. Eine gehörte hl. Messe in deinem Leben wird dir mehr nützen als viele, weiche nach deinem Tode für dich gelesen werden.
69. Im Himmel wirst du gewiss eine hohe Stufe der Glorie einnehmen und ewiglich besitzen.
70. Eine jede gehörte hl. Messe vermehrt dir deine Seligkeit im Himmel.
71. Für deine Freunde kannst du nicht kräftiger beten, als dass du die hl. Messe für sie hörest und aufopferst.
72. Deinen Wohltätern kannst du durch das Messehören aufs reichlichste vergelten.
73. Den Elenden, Kranken und Sterbenden kannst du durch das Messehören am besten Hilfe und Trost leisten.
74. Vielen, vielen Sündern kannst du durch Aufopferung der hl. Messe die Bekehrung erwerben.
75. Durch das Messehören kannst du allen Christgläubigen großes Heil erlangen.
76. Durch das Messehören kannst du das ganze Fegefeuer abkühlen und die armen Seelen kräftiglich erquicken.
77. Wenn du für deine Verstorbenen keine Messen lesen lassen kannst, so kannst du sie durch andächtiges Messehören erlösen.
 
 
Den Beweis für alle diese Gnaden wirst du beim Weiterlesen in diesem Buche finden. Was hältst du nun von der hl. Messe, andächtige Seele? Meinst du wohl, dass es auch nur ein einziges gutes Werk auf der Welt gibt, durch welches du so große Gnaden und Früchte erwerben kannst wie durch die hl. Messe? Meinst du nicht auch, dass das wahr ist, was P. Sanchez sagt: "Wenn ein Christ nur wüsste, sich die hl. Messe zunutze zu machen, so könnte er durch dieselbe reicher werden, als durch alle von Gott erschaffenen Dinge." 0, welch ein großer Schatz, die heilige Messe! 0, glückselig derjenige, welcher mit geringer Mühe sich so große Schätze erwerben kann! Wer will denn nun nicht gerne Messe hören? Wer will denn die Messe mutwillig versäumen?

0, liebe Seele, versäume sie doch nicht, sondern lasse alles liegen, wie es liegt, und eile zur hl. Messe!

Gedenke, wie du dich betrüben würdest, wenn du an einem Tage siebenundsiebenzig Kreuzer - Taler will ich schon gar nicht mehr sagen - verlieren oder verspielen oder verscherzen solltest. Gewiss würde dich der Verlust aufs tiefste schmerzen und reuen. Wieviel mehr aber solltest du dich dann betrüben, wenn du an einem Tage ohne Not, ja aus lauter Faulheit oder Mutwillen die hl. Messe zu hören versäumst hast! Du aber versäumst solcher Messen gar viele und betrübst dich deswegen gar nicht, als wenn dir gar kein Schaden widerfahren wäre - das klarste Zeichen dafür, dass du den köstlichen Schatz der hl. Messe nicht erkennst oder nicht achtest. Wenn du aber fleißig in diesem Buche liest, so wirst du hoffentlich hinfür diesen himmlischen Schatz besser erkennen, höher achten und eifriger suchen. Das gebe Gott. Amen!



 
    zum nächsten Kapitel


 zurück zum Anfang         Diese Seite wieder schließen