Die Erklärung des Heiligen
Messopfers
von Pater Martin von Cochem
Die hl. Messe ist das kräftigste Bittopfer
1. Im Gesetze des Moses hatte Gott den Juden nicht allein
Brandopfer als Zeichen der höchsten Anbetung, sondern auch
Friedopfer zur Erlangung zeitlicher Güter und zur Abwendung
schädlicher Übel angeordnet. Diese Fried- oder Bittopfer standen
bei den Juden in hohem Werte; sie erwarben durch dieselben
vieles Gute und wendeten vieles Schlimme von sich ab. Im 1.
Buche der Könige lesen wir (Kap. 7), als die Philister die
Kinder Israels überfallen wollten, da riefen diese zu Samuel,
dass er für sie bei Gott bitten wolle. Dieser opferte für sie
ein Lamm und rief Gott um Hilfe an. Da schickte Gott einen
Schrecken über die Philister, und sie wurden von den Israeliten
in die Flucht geschlagen. Ebenso lesen wir (2. Kön. 24), als
Gott das Volk mit der Pest schlug, da opferte David ein
Friedopfer und wandte die Pest von dem Volke ab. Dergleichen
Beispiele findet man viele in der hl. Schrift.
2. Hat nun Gott dem hartnäckigen Judenvolke ein so kräftiges
Bittopfer gegeben, wie viel mehr wird er dann seiner lieben
Christenheit ein kräftiges Bittopfer verordnet haben, durch
welches sie so viele leibliche und geistige Güter von Gott
erbitten und alle schädlichen Übel von sich abwenden könne. Wenn
ein Lämmlein als Friedopfer den Opfernden so viele Gnaden
erworben hat, was für Kraft wird dann das unschuldige Lamm
Gottes haben, wenn es für uns auf dem Altare geschlachtet und
von uns mit dem ganzen Schatze seiner Verdienste aufgeopfert
wird!
3. Die Kirche ist viel glücklicher als die Synagoge, denn diese
konnte ein Schlachtopfer nicht zu mehreren sondern nur zu einem
Zweck aufopfern. Ihr Brandopfer diente allein der Anerkennung
der höchsten Herrschaft Gottes, ihr Sühnopfer nur zur Verzeihung
der Sünden und ihr Bittopfer nur zur Erflehung von Wohltaten.
Weil ferner ein jedes auf besondere Weise dargebracht werden
musste, so konnte keins in zweierlei Meinung geopfert werden.
Die hl. Kirche aber, trotzdem sie nur das eine Opfer hat, kann
dasselbe in den verschiedensten Meinungen aufopfern und durch
eine einzige hl. Messe mehr erwirken als das Judentum mit all
seinen Brand-, Sühn- und Bittopfern.
4. Dass man die hl. Messe in verschiedenen Meinungen aufopfern
kann, lehrt uns die Kirche in folgenden Worten des Konzils von
Trient (Sitzg. 22, Kan. 3): "Wenn jemand sagt, die hl. Messe sei
nur ein Opfer des Lobes und des Dankes oder nur eine bloße
Erinnerung an das am Kreuze vollbrachte Opfer, nicht aber auch
ein Sühnopfer, oder es nütze einzig dem Opfernden und dürfe
nicht für Lebende und Verstorbene, für die Sünden und Strafen,
zur Genugtuung und für andere Not aufgeopfert werden, der sei im
Banne." Diese Worte sind ein Artikel des Glaubens, dem wir bei
Verlust der Seligkeit zustimmen müssen. So ist es denn gewiss,
dass eine einzige Messe in vielfacher Meinung gelesen werden
kann und durch eine einzige Messe viele Dinge von Gott erbetet
und verlangt werden können. Ich kann nämlich eine hl. Messe
lesen oder hören oder lesen lassen zur größeren Ehre Gottes, zu
größeren Freude der Muttergottes, zu Ehren der Engel und
Heiligen, zu meiner eigenen Wohlfahrt, zur Erlangung oder
Erhaltung meiner Gesundheit, zur Bewahrung vor Unglück, zur
Verzeihung meiner Sünden, zur Besserung meines Lebens, zur
Erlangung eines seligen Todes. Um dies alles kann ich auch für
meine Freunde und sogar für meine Feinde, ja für alle Gläubigen
bitten, und ich kann auch ebendieselbe hl. Messe zur Erlösung
aller armen Seelen hören oder lesen lassen. Ja, je mehr
Meinungen du machst, um so mehr verdienst du, wie zu Ende dieses
Buches noch erklärt werden soll.
5. Wie kräftig nun dieses Bittopfer sei, das lehren uns die
Gottesgelehrten, von denen Marchantius folgendes sagt: "Dieses
Sakrifizium hat eine unendliche Kraft, etwas zu erbitten, wegen
des unendlichen Wertes der Opfergabe und wegen der unendlichen
Würdigkeit des eigentlichen Opferpriesters, so sehr, dass keine
Gnade oder Gabe so groß ist, dass sie nicht durch Darbringung
dieses Opfers erbeten werden könnte. Auch die Zahl der Personen
kann nie so groß sein, dass dieses Opfer nicht für alle
ausreichte, wenn sie es für sich aufopfern oder von anderen
opfern lassen." Der Grund davon ist dieser: "Weil Christus, der
eigentliche Opferer, Gott unendlich angenehm ist; weil ferner
seine Verdienste, die Gott dem Vater geopfert werden, unendlich
sind, und weil seine Leiden, sein Blut und seine Wunden
unendlich viel gelten."
6. Diese klaren Worte zeigen uns, woher doch die große Kraft der
hl. Messe kommt: ganz und gar aus der Größe der Person Christi.
Er opfert dem Vater bei jeder hl. Messe viel mehr, als er von
ihm begehrt; wie könnte ihm da der Vater seine Bitte abschlagen?
Damit stimmt auch der hl. Laurentius Justiniani überein, denn er
sagt gar schön: "Kein Opfer ist grösser, keins nützlicher, keins
den Augen der göttlichen Majestät angenehmer als das Opfer der
hl. Messe, in welcher unseres Mittlers empfangene Wunden,
zugefügte Schmach, erlittene Geißeln usw. gleichsam ans Licht
gebracht und dem Vater aufgeopfert werden. Ihm wird auch
aufgeopfert die angenommene Menschheit seines Sohnes, damit er
anerkenne, den er gezeugt und in die Welt gesandt, auf dass
durch seine Fürbitte den Sündern Verzeihung, den Gefallenen
Hilfe, den Gerechten das Leben gegeben werde." Wenn also der
Priester und das Volk, das die Messe anhört, dem himmlischen
Vater das Leiden, das Sterben, die Wunden und die Verdienste
Christi vor Augen stellen und aufopfern, so werden ja diese
vortrefflichen Gaben und Geschenke gar leicht die Erfüllung
einer bescheidenen Bitte erwirken.
7. Im alten Gesetz befahl Gott den Richtern, dass sie keine
Geschenke annehmen sollten: "Du sollst nicht auf die Person
sehen und kein Geschenk annehmen, denn die Geschenke verblenden
die Augen der Weisen und verkehren die Worte der Gerechten" (5.
Mos. 16, 19). Mit vollem Recht hat Gott den Richtern die Annahme
von Gaben verboten, denn es gibt kein so hartes und festes Herz,
das nicht durch Gaben erweicht und zur Gunst für den Gebenden
geneigt gemacht wird. Und dennoch darf man behaupten, dass Gott
wegen Aufopferung einer Heiligen Messe anders richte und das
gefällte Urteil ändere. Wir sind nämlich versichert, dass die
göttliche Gerechtigkeit, wenn Sie aus unseren Händen eine so
unendlich kostbare Gabe empfängt, sie zugleich mit der
göttlichen Barmherzigkeit unser Begehren gutheißen und gleichsam
mit eigener Hand unsere Bittschrift unterzeichnen muss. Ich darf
natürlich nicht sagen, dass durch diese Gabe die Augen des
allerweisesten Gottes verblendet würden, wie die hl. Schrift von
den Augen der Menschen sagt. Wohl aber behaupte ich, dass Gott
um der hl. Messe willen sein gerechtes Urteil mildert. Die
göttliche Gerechtigkeit muss sich ja gleichsam durch diese Gabe
für befriedigt erklären und der göttlichen Barmherzigkeit den
Weg freilassen.
8. Kisseli sagt deshalb: "In der hl. Messe bitten wir um die
göttlichen Wohltaten nicht allein im Namen der Barmherzigkeit,
sondern opfern auch den Preis der Verdienste des Leidens
Christi, und auf solche Weise kaufen wir gleichsam die begehrten
Gaben von Gott mit teurem Preis.“ Bedenke doch, was für kostbare
Gaben wir in der hl. Messe opfern und wie teuer wir die
erbetenen Wohltaten von Gott einkaufen! Wir opfern ihm die edle
Menschheit Christi, die zu größerer Ehre Gottes ist gegeißelt,
mit Dornen gekrönt und gekreuzigt worden. Wir opfern ihm
dieselbe Menschheit, die mit der Gottheit zu einer Person
vereinigt und durch diese Vereinigung aufs höchste geadelt
worden ist. Wir opfern ihm auch die Wunden, die Tränen und das
teure Blut, welche diese edle heilige Menschheit erlitten und
vergossen hat.
9. Wenn man denn also streng genau reden will, so muss man
bekennen, dass wir bei Aufopferung der hl. Messe sogar viel mehr
geben, als wir durch unser Gebet begehren. Darum ist nicht
einzusehen, warum unsere vernünftige Bitte von Gott abgeschlagen
werden könnte. Soll denn der freigebige Gott, der versprochen
hat, auch einen Trunk kalten Wassers reichlich zu vergelten, uns
unbelohnt lassen, da wir ihm den Kelch des Blutes seines Sohnes,
welches bei der hl. Messe von neuem vergossen wird, andächtig
aufopfern?
10. Christus hat nach dem letzten Abendmahl gesagt: "Wahrlich,
wahrlich, sage ich euch, wenn ihr den Vater um etwas bitten
werdet in meinem Namen, so wird Er euch geben" (Joh. 16, 23).
Wann können wir aber den Vater im Namen des Sohnes besser bitten
als bei der hl. Messe, in welcher wir ihn persönlich dem Vater
vorstellen und ihn zugleich mit allen Gebeten, die er auf Erden
gesprochen, dem Vater aufopfern? St. Bonaventura sagt: "Wenn ein
Herzog gefangen genommen wird, so wird er nicht eher entlassen,
als bis er sich mit einer großen Summe loskauft; also sollen
auch wir Christum, den wir in der hl. Messe als Gefangenen
haben, nicht eher freigeben, als bis er uns unsere Sünden
verzeiht und den Himmel verspricht. Deswegen hebt der Priester
Christum am Altare in die Höhe und ruft gleichsam allem Volke
zu: Sehet, derjenige, welchen die Welt nicht fassen kann, ist
unser Gefangener; so wollen wir ihn denn nicht eher loslassen,
bis wir erhalten, was wir begehren." Das ist gewiss ein guter
Rat, dem jeder folgen sollte, sprechend mit dem Patriarchen
Jakob: "Ich entlasse dich nicht, ehe du mich gesegnet hast" (1.
Mos. 32, 36).
11. In den Jahrbüchern der Kapuziner wird von einer frommen
Frau, die ums Jahr 1582 in Spello lebte, erzählt, dass sie einen
gar bösen Mann hatte, der sie wie ein Tyrann behandelte und ihr
täglich alle Schmach antat. Dieses traurige Dasein führte sie
einige Jahre lang und geriet schließlich fast in Verzweiflung.
Eines Tages kamen zwei Kapuziner zu ihr ins Haus und baten um
Almosen. Sie gewährte ihnen ihre Bitte und klagte ihnen unter
Tränen ihre große Not. Die Brüder trösteten sie, so gut sie
konnten, und gaben ihr den Rat, täglich die Heilige Messe zu
hören und ihr großes Elend dem allmächtigen Gott aufzuopfern;
ihr roher Mann würde gewiss durch die Kraft der Heiligen Messe
milder werden und sie künftig besser behandeln. Die Frau dankte
für diesen guten Rat und versprach, denselben nach Möglichkeit
fleißig zu befolgen. Da der Mann jedoch gegen sie so hart war,
dass er ihr niemals erlaubte, an Werktagen die Heilige Messe zu
hören, so war nun die arme Frau sehr darüber betrübt, dass sie
dem Rate der Brüder nicht nachkommen konnte. Bald darauf fügte
es Gott, dass der Mann eine weite Reise antrat, wodurch die Frau
Gelegenheit erhielt, täglich die Heilige Messe zu hören. Dies
tat sie mit besonderer Andacht, empfahl sich und ihren schlimmen
Mann in die Heilige Messe, und rief Gott von Herzen an, dass er
ihrem Manne einen anderen Sinn geben möchte. Dieser kam eher von
seiner Reise zurück, als die Frau gedacht hatte, und wie ihm nun
die Magd auf sein Befragen mitteilte, dass seine Frau in der
Kirche wäre, und während seiner Abwesenheit täglich die Heilige
Messe gehört habe, da ergrimmte der Bösewicht so sehr, dass er
sie zum Teufel verwünschte und umzubringen beschloss. Sobald die
arme Frau das Haus betrat, ergriff er sie beim Halse und wollte
sie erwürgen. Die Frau, welche ihr letztes Stündlein gekommen
glaubte, schrie zu Gott und bat ihn durch die Kraft der Heiligen
Messe, sie zu erretten. Und siehe, alsbald war die Hilfe Gottes
da: die Hände des Mannes erstarrten nämlich plötzlich. Hierdurch
gegen sie noch mehr erbittert, hielt er seine Frau für eine
Zauberin und bot alle seine Kräfte auf, sie zu erwürgen. Allein
er vermochte es nicht, denn seine Hände wurden zuletzt wie Stein
so kalt und unbeweglich. Da erst erkannte er die Strafe Gottes,
bereute seine schwere Sünde und versprach seiner Frau in allem
Ernste, sein gottloses Leben zu bessern und sie fortan als sein
Eheweib liebevoll zu behandeln. Alsdann riefen beide die
göttliche Barmherzigkeit an und taten viele Gelübde und
Versprechungen, bis ihr Flehen endlich erhört wurde, und der
Mann seine beiden Hände wieder frei gebrauchen konnte. Diese
strenge Züchtigung hat dann auch bei demselben so viel genutzt,
dass er sein gottloses Leben wirklich aufgab, sein Eheweib
besser behandelte und mit ihr oft die Heilige Messe hörte.
12. Siehe da deutlich an diesen beiden Eheleuten den großen
Segen des Heiligen Messopfers. Die arme Frau
hatte ohne Zweifel in ihrer schweren Not schon früher zu
Gott um Hilfe gerufen, war aber nicht erhört worden. Erst als
sie zur Heiligen Messe gegangen war, um da selbst ihr hartes
Leid Gott zu klagen, da erst ward sie nicht bloß von Gott
getröstet, sondern ganz und gar aus ihrer Not befreit.
0 wie vielen bedrängten Herzen mag durch die hl. Messe wohl
schon geholfen sein! Wie viele sind vor Verzweiflung bewahrt, zu
einem besseren Leben bekehrt und aus dem Schlund der Hölle
errettet! Denn es muss ja wahr sein, was Molina schreibt: "Durch
die so angenehme und reiche Aufopferung der hl. Messe kann ein
jeder Mensch alles, was er zu seinem Heil begehrt, von Gott, von
der Muttergottes und von allen Heiligen erhalten. Denn durch
nichts anderes wird er erwerben können, was ihm nach Aufopferung
des Messopfers versagt wird." Die Wahrheit dieses Spruches ist
ja in diesem Kapitel zur Genüge bewiesen worden. Denn bei der
Messe bittet der Mensch nicht allein, sondern der Priester, die
Engel und Christus selbst beten mit ihm und für ihn. Und sie
bitten nicht bloß, sondern bringen Gott eine Gabe, die so viel
wert ist wie Gott selber. Wenn ihm denn bei solcher guten
Gelegenheit seine Bitte abgeschlagen wird, wann und wo wird sie
ihm dann bewilligt werden? Darum bleibt es wahr, dass der Mensch
durch nichts anderes erwerben kann, was ihn nach Aufopferung des
Messopfers versagt bleibt.
13. Hier möchtest du vielleicht fragen: Wenn denn nun die hl.
Messe ein so teures Opfer ist, wie kommt es denn, dass Gott
trotzdem diejenigen, welche ihm dieselbe aufopfern, nicht
allzeit erhört? Diese Frage beantwortet Pater Gobat mit
folgendem Grunde: "Wenn wir auch durch die hl. Messe viel
leichter als durch jedes andere Gebet den lieben Gott erbitten
können, so hängt doch die Wirkung der hl. Messe auch noch von
einigen Bedingungen ab, die keineswegs immer erfüllt werden."
Kardinal Bona fügt hinzu, dass der Gebende seine Freiheit
behalten muss, so dass er nach seinem Gefallen geben oder
abschlagen kann. Wir können ihn durch unsere Bitten zwar zum
Geben bewegen, aber nicht zwingen. Gleichwohl sei es gewiss,
dass auch eine solche Messe ihrer Wirkung nicht beraubt werde.
Denn wenn wir auch nicht genau dasjenige erhalten, was wir
begehren, so erwerben wir unfehlbar etwas anderes, was uns
dienlich ist. Wenn wir's auch nicht sofort bekommen, so doch zu
gelegener Zeit, die von Gott bestimmt ist. Etliche Gnaden sind
auch so groß, dass wir sie nicht durch eine oder die andere,
sondern durch mehrere und andächtigere Messen erhalten.
13. Dies kannst du aus der Antwort Christi entnehmen, die er
einstmals der hl. Gertrud gab, da sie zu ihm gesprochen hatte:
"Woher kommt es doch, dass mein Gebet so oft gar nichts
erreicht?" Da sagte Er: "Wenn ich, die unerforschliche Weisheit,
bisweilen dein Gebet nicht deinem Wunsche entsprechend anhöre,
so verordne ich jedes Mal Nützlicheres dafür, wenn auch du,
durch die menschliche Schwachheit behindert, das Bessere nicht
unterscheiden kannst." Als wollte er sagen: Weil du nicht weißt,
was dir oder einem anderen nützlicher ist, deswegen gebe ich dir
nicht allezeit, was du begehrst, sondern das, was in meiner
göttlichen Weisheit als dir oder denen, für die du bittest,
nützlicher erkenne. Ein andermal fragte sie Christum: "Was
nützet es meinen Freunden, dass ich so viel für sie bete, da ich
doch keine Besserung bei ihnen verspüre?" Da sagte Er:
"Verwundere dich nicht, dass du keine handgreifliche Frucht
deines Gebetes siehst; ich ordne dieselben nach meiner ewigen
Weisheit zu bestem Erfolge. Doch sage ich dir: je öfter für
einen gebetet wird, desto seliger wird er, denn kein treues
Gebet wird ohne Frucht bleiben, wenn auch die Art der Erhörung
den Menschen verborgen ist."
14. Mit dieser Antwort kann sich ein jeder begnügen und trösten:
denn Christus versichert uns, dass kein andächtiges Gebet ohne
Frucht und Belohnung bleibt. Wie viel weniger wird dann eine hl.
Messe ohne Frucht bleiben, da sie ja das beste Gebet der Welt
ist. Merke aber wohl, dass Christus gesagt hat: "Kein treues
Gebet wird ohne Erhörung bleiben." Das "treue" Gebet besteht
hauptsächlich darin, dass man mit Vertrauen und ganzem Eifer
betet. Wer aber ohne Vertrauen betet, wird wenig oder nichts
erhalten, wie aus folgendem Beispiel zu ersehen ist.
15. Im Leben des heiligen Abtes Severinus berichten Surius (2.
Jan.), dass einst um das Schloss Coruli eine ungeheure Menge
Heuschrecken niederfiel, die sehr großen Schaden an Früchten und
Bäumen anrichteten. Da nahm alles Volk seine Zuflucht zu
genanntem Heiligen, er möge ihnen in so großer Not durch sein
Gebet zu Hilfe kommen. Der mitleidige Abt rief alle zur Kirche,
ermahnte sie in einer nachdrücklichen Predigt zur Buße und zum
Gebet und sagte am Schlusse der Predigt: "Weil ich kein besseres
Gebet kenne als das Opfer der heiligen Messe, so will ich
dieselbe jetzt zur Abwendung des gegenwärtigen Übels lesen und
ermahne euch, dieselbe zugleich mit mir in der Meinung
aufzuopfern und ein festes Vertrauen darauf zu setzen. Das
bedrängte Volk kam dieser Ermahnung willig nach. Nur einer
sprach: "Fürwahr, eure Hoffnung ist eitel und nichtig; denn wenn
ihr schon alle Messen hören und den ganzen Tag im Gebete
verharren würdet, so würdet ihr gleichwohl nicht eine einzige
Heuschrecke vertreiben." Nach diesen Worten begab er sich nach
Hause an seine Arbeit.
Alle anderen aber blieben in der Kirche, hörten die Messe mit
Andacht und riefen Gott eifrig um Vertreibung der Heuschrecken
an. Sodann gingen sie hinaus auf ihre Äcker, um zu sehen, was
sie mit ihrem Messehören erwirkt hatten. Da sahen sie zu ihrer
großen Verwunderung, wie die Heuschrecken auf einmal
davonflogen. Sie freuten sich herzlich darüber und dankten dem
gütigen Gott. Auch der kleingläubige Bauer, der der Messe nicht
beigewohnt, war zugegen und traute seinen Augen kaum, als er die
Heuschrecken in die Luft fliegen sah. Damit er aber die Sünde
seines Misstrauens erkenne und die gebührende Strafe erhielte,
so wendete sich das ganze Heer der Heuschrecken, welches schon
weit weg war, auf einmal um und ließ sich auf seinem Acker
nieder. Da rief er Gott weinend an, aber er blieb ohne Hilfe und
Trost. Die Heuschrecken zogen nicht eher ab, bis sie alle
Früchte seines Ackers verzehrt hatten.
16. Aus dieser Geschichte lässt sich deutlich die Kraft des
Messopfers und die Strafe des Verächters desselben erkennen. Wir
sollten aber nicht diesem kleingläubigen Bürger, sondern dem
andächtigen Volke folgen und großes Vertrauen auf die Kraft der
hl. Messe setzen. Höre, wie St. Paulus so treulich ermahnt:
"Darum lasset uns mit Vertrauen hinzutreten zum Gnadenthron,
damit wir Barmherzigkeit erlangen und Gnade finden, wenn wir
Hilfe nötig haben" (Hebr. 4,16). Wo ist aber der Gnadenthron, zu
dem Paulus uns einlädt? Es ist nicht der Himmel, denn dahin
können wir nicht emporsteigen. Es ist auch nicht der Gnadenthron
auf der Bundeslade des Alten Bundes, denn dieser war nur ein
Vorbild unseres Gnadenthrones. Es ist vielmehr der heilige
Altar, darauf das Lamm Gottes geschlachtet wird und sein Leben
für uns hingibt, auf dass es uns Gnade und Barmherzigkeit
verschaffe. Zu diesem Gnadenthron sollen wir täglich hinzutreten
und allda in unseren Nöten Hilfe suchen. Wir sollen aber mit
Andacht, mit Ehrerbietung und mit Vertrauen hinzutreten, denn er
ist der Thron der Gnade, nicht der Rache; er ist der Thron der
Barmherzigkeit, nicht der Gerechtigkeit; er ist der Thron, wo
wir Hilfe, nicht Verstoßung finden. Zu diesem Gnadenthron so
erzählt der hl. Augustinus, ist auch die hl. Monika alle Tage
geeilt und hat dadurch die Bekehrung ihres Sohnes erreicht - für
ihre Beharrlichkeit hat sich der barmherzige Gott ihr gleichsam
zum Schuldner gemacht und seine Versprechungen an ihr in
herrlichstem Maße erfüllt (Aug. Bekenntn. V, 9). Ihr ahme nach,
und hast du etwas zu begehren, so sprich mit ganzem Ernste: