Die Erklärung des Heiligen
Messopfers
von Pater Martin von Cochem
1. Wiewohl die Vortrefflichkeit der
hl. Messe so groß ist, dass auch der höchste Engel sie nicht würdig
aussprechen kann, so will ich dennoch zur Erkenntnis dieses Wertes
einiges anführen. Der hl. Franz v. Sales ziert in seiner "Philothea
oder Anleitung zu einem frommen Leben" die hl. Messe mit herrlichen
Ehrentiteln, indem er sagt: "Die hl. Messe ist die Sonne der
geistlichen Übungen, das Herz der Andacht, die Seele der
Frömmigkeit, die Flamme der göttlichen Liebe der Abgrund der
göttlichen Güte und ein köstliches Mittel, wodurch Gott seine Gnaden
uns zueignet". 0 was sind das für schöne Worte, was für herrliche
Ruhmestitel! Wie viel Zeit müsste einer haben, wenn er dieselben
nach ihrer ganzen Bedeutung erklären wollte! Der heilige Franz von
Sales will sagen: Will jemand recht fromm, recht andächtig und von
der Liebe Gottes entzündet werden, so höre er nur fleißig die hl.
Messe, und er hat schon das beste Mittel ergriffen, die göttlichen
Gnaden sich zu erwerben.
2. Der gelehrte Pater Osorius zieht
die hl. Messe allem übrigen in der Religion vor, indem er sagt:
"Unter allen Dingen, welche in der Kirche sind, ist das hl.
Messopfer das allerhöchste und allerkostbarste, weil das
Allerheiligste Altarsakrament darin konsekriert und Gott dem
Allerhöchsten zu einem hl. Opfer dargebracht wird." Mit ihm stimmt
überein Fornerus, Weihbischof von Bamberg, welcher sagt: "Die hl.
Messe übersteigt an Würde um viele Stufen die anderen hl.
Sakramente." Und an einer anderen Stelle: "Majestätisch sind zwar
die hl. Sakramente, aber weit majestätischer ist das hl. Messopfer;
jenes sind Gefäße der Barmherzigkeit für die Lebendigen, dieses aber
ist ein unerschöpfliches Meer der göttlichen Freigebigkeit für die
Lebendigen und Abgestorbenen." Merke, wie herrlich diese
Geisteslehrer das hl. Messopfer hervorheben. So wollen wir denn
sehen, aus was für Ursachen die Messe so vortrefflich sein mag.
3. Erstens erkennt man die hohe
Vortrefflichkeit der hl. Messe aus der hochwürdigen Weihe oder
Konsekration der Kirche und Altäre. Wer jemals bei der Weihe einer
Kirche zugegen gewesen ist und verstanden hat, was für Gebete der
Bischof gesprochen und wie viel Zeremonien er gebraucht hat, der
wird sich gewiss zum höchsten erbaut und verwundert haben, wie
überaus herrlich und glorwürdig eine jede Kirche und jeder Altar
geweiht wird. Damit nun auch diejenigen, welche das noch niemals
gesehen haben, dies erkennen mögen, so will ich die Zeremonien hier
kurz beschreiben.
Von der Weihe der Kirchen
Am Tage vorher müssen sowohl der
Bischof wie auch die Gemeinde fasten, um durch Buße Gottes Segen
wirksam zu erflehen. Am Morgen des Weihetages selbst begibt sich der
Bischof mit den Geistlichen, von denen nur ein Diakon in der Kirche
zurückbleibt, an den Ort, wo die für den Hochaltar bestimmten
Reliquien aufbewahrt werden, und betet dort mit ihnen die sieben
Bußpsalmen. Darauf begeben sie sich vor die Kirche, deren Tür
geschlossen ist, der Bischof weiht Salz und Wasser, besprengt damit
sich und die Umstehenden, und dann geht er mit der Geistlichkeit und
dem Volk rechts um die Kirche herum und besprengt die Mauern
derselben nach oben, fortwährend sprechend: "Im Namen des Vaters und
des Sohnes und des Heiligen Geistes." Ebenso geht er ein zweites Mal
um die Kirche und besprengt die Mauern nach unten; beim dritten Mal
geht er links herum und besprengt die Mauern in der Mitte. Sooft er
dabei am verschlossenen Hauptportal der Kirche anlangt, spricht er
ein Gebet, stößt mit dem Bischofsstabe an die Tür und spricht:
"Öffnet euch, ihr ewigen Tore, und es wird einziehen der König der
Herrlichkeit," Aus dem Inneren der Kirche fragt dann ein Diakon:
"Wer ist dieser König der Herrlichkeit?" Der Bischof antwortet das
erste und zweite Mal: "Der Herr, stark und mächtig; der Herr mächtig
im Kampfe." Das dritte Mal aber antwortet er mit der gesamten
Geistlichkeit: "Der Herr der Heerscharen, er ist der König der
Herrlichkeit“, und fügt hinzu: ,,Öffnet, öffnet, öffnet" Dann
zeichnet der Bischof mit dem Stabe das Kreuz auf die Türschwelle und
spricht: "Siehe das Zeichen des Kreuzes, fliehen sollen alle bösen
Geister." Dann tritt der Bischof mit der Geistlichkeit ein mit den
Worten: "Der Friede sei diesem Hause!"
4. In der Mitte der Kirche kniet der
Bischof nieder und betet den Hymnus "Veni creator Spiritus - 0 komm
du Schöpfer, Heiliger Geist." Darauf folgt die Allerheiligenlitanei
und der Lobgesang des Zacharias, während dessen der Bischof mit dem
Hirtenstab auf den in Kreuzesform mit Asche bestreuten Boden die
Buchstaben des lateinischen und griechischen Alphabets schreibt. Vor
dem Hochaltar kniend, spricht er nunmehr dreimal: "Deus in
adjutorium meum intende," weihet dann mit vielen Kreuzzeichen Wasser
mit Salz, Wein und Asche und fängt an, den Altar zu weihen, indem er
mit dem so geweihten Wasser je ein Kreuz in die Mitte des Altars und
an seine vier Ecken zeichnet. Vom Altar aus geht der Bischof dreimal
durch die Kirche und besprengt zuerst die Wände von unten nach oben,
dann den Boden und endlich von der Mitte aus nach den vier
Himmelsgegenden das Ganze der Kirche. Schließlich bereitet er mit
diesem Wasser Mörtel, mit welchem nachher die Reliquien in den Altar
eingemauert werden sollen.
5. Die Reliquien werden nun aus der
Kapelle geholt, wo sie die Nacht vorher aufbewahrt wurden, und in
feierlicher Prozession zuerst um die Kirche herum und dann in
dieselbe hineingetragen. An der Kirchtüre hält der Bischof eine
Ansprache an die Gläubigen, verliest bestimmte kirchliche
Vorschriften und salbt die Kirchentür von außen mit Chrisam. Dann
salbt er das Altargrab mit Chrisam, legt die Reliquien hinein und
verschließt dasselbe mit einem geweihten Stein und genanntem Mörtel.
Darauf inzensiert der Bischof den Altar von allen Seiten und gibt
das Rauchfass einem Priester, der nun fortwährend räuchernd um den
Altar gehen muss, bis der Bischof die Altarplatte zunächst in der
Mitte und an den vier Ecken und dann über die ganze Oberfläche mit
heiligem Öle gesalbt hat. Nachdem dann noch die Wände der Kirche an
zwölf mit den sogenannten Apostelkreuzen bezeichneten Stellen
gesalbt und inzensiert sind, kehrt der Bischof nochmals zum Altare
zurück und zündet gesegneten Weihrauch auf demselben an. Die nun
folgenden Gebete, Antiphonen und eine herrliche Präfation sprechen
davon wie der Altar jetzt bereitet sei, dass Christus auf ihn
herabsteigen und in der Kirche seine Wohnung nehmen könne. Dann
salbt der Bischof noch den unteren Teil des Altares, und schließlich
wird feierlich die hl. Messe gehalten.
Alle, welche einer solchen
Kirchweihe beiwohnen, können sich nicht genug wundern über die
vielfältigen Zeremonien, Salbungen, Weihungen und Gebete. Warum aber
dieses alles? Warum verwendet man so viele Mühe, Zeit und Unkosten
zur Einweihung einer Kirche? Einzig um dieser wichtigen Ursache
willen, damit die Kirche würdig werde, dass in ihr das heiligste
Messopfer gefeiert und der Altar geheiligt werde, um das
allerreinste und allerheiligste Lamm Gottes geistigerweise auf ihm
schlachten zu können.
6. Aus alledem erkennt ein guter
Christ, wie hochheilig unsere Kirchen und Altäre sind und in was für
großen Ehren sie gehalten werden sollen. Der Tempel Salomons war nur
ein Schatten und Vorbild unserer Kirchen, dennoch wurde er von Juden
und Heiden hoch in Ehren gehalten. Wie viel mehr sollen denn also
unsere so gar heilig konsekrierten Kirchen geehrt werden! Von der
Weihe des Salomonischen Tempels meldet das dritte Buch der Könige,
dass der König Salomon zweiundzwanzigtausend Ochsen und
hundertzwanzigtausend Widder geopfert habe, welche allesamt von den
Priestern geschlachtet, gereinigt und stückweise zum Opfern
niedergelegt wurden. Während nun Salomon laut betete, siehe, da fiel
Feuer vom Himmel herab und verzehrte die Schlachtopfer. Der ganze
Tempel ward mit Nebel und Rauch erfüllt, und die Majestät Gottes
erschien in ihm. Alles Volk sah das Feuer und die Herrlichkeit
Gottes, fiel vor Schrecken auf das Angesicht und betete Gott von
Herzen an. Salomon aber warf sich vor aller Augen auf die Knie
nieder und betete mit lauter Stimme: "Sollte man es glauben, dass
Gott wahrhaft wohne auf Erden? Denn wenn der Himmel und die Himmel
der Himmel dich nicht fassen können, wie viel weniger dieses Haus,
das ich erbaut habe!" (3. Kön. 8, 27.)
7. Wer verwundert sich nicht
darüber, und wer kann die Würde des Tempels genug begreifen? Und
doch war er nur ein Vorbild, ja ein Schatten unserer christlichen
Kirchen. Sein Heiligstes war die Bundeslade, die einst die zwei
Gesetzestafeln, ein Gefäß mit Manna und den blühenden Stab Aarons
enthielt. Die jüdischen Opfer waren Tiere, Brot, Wein, Kuchen u.
dgl. Unsere Kirchen aber werden unvergleichlich heiliger vom Bischof
geweiht, mit heiligem Öl gesalbt, mit geweihtem Wasser besprengt,
mit gesegnetem Weihrauch inzensiert, durch zahlreiche Kreuzzeichen
und zuletzt durch die Feier der hl. Messe geheiligt. Anstatt der
Bundeslade haben wir den Tabernakel, in welchem das wahre Manna, das
Allerheiligste Sakrament, aufbewahrt wird. Wenn denn der Tempel
Salomons billigermaßen in Ehren gehalten wurde, wie viel mehr sind
dann unsere konsekrierten Kirchen, in welchen Gott persönlich wohnt,
in größten Ehren zu halten!
8. Unsere Kirchen werden nicht bloß
genannt, sondern sind auch in Wahrheit ein Haus Gottes, in welchem
Gott persönlich wohnt und allezeit anzutreffen ist. Stets hat er
Tausende von Engeln bei sich, die ihm dienen, ihn anbeten, ihn loben
und ehren und ihm unser Gebet vortragen. Dies wurde vorbedeutet
durch die Erscheinung der Himmelsleiter, welche der Patriarch Jakob
nachts im Traume sah. Als er aufwachte, sprach er: "Wie furchtbar
ist dieser Ort! Hier ist nichts anderes als das Haus Gottes und die
Pforte des Himmels" (Gen. 28, 17). Den Stein, auf welchem er mit dem
Kopfe gelegen hatte, salbte er mit Öl und richtete ihn auf zu einem
Altare, und als er zurückkam, opferte er Gott auf diesem Steine. Das
ist ein Vorbild der christlichen Kirchen gewesen, in denen der
Altarstein mit dem hl. Öl und Chrysam gesalbt wird, und von denen
man in Wahrheit sagen kann: "Wie furchtbar ist dieser Ort; hier ist
nichts anderes als das Haus Gottes und die Pforte des Himmels!" Da
steigen die Engel auf und ab und bringen unsere Gebete Gott dar. Von
unseren Kirchen hat Gott schon durch den Propheten Isaias sagen
lassen: "Ich will sie hinaufführen auf meinen heiligen Berg und sie
erfreuen in meinem Bethause; ihre Brandopfer und Schlachtopfer
sollen mir angenehm sein auf meinem Altare; denn mein Haus wird ein
Bethaus genannt werden für alle Völker" (Is. 56,7).
9. Weil also unsere Kirchen wirklich
Gotteshäuser sind, und weil Christus im hl. Sakrament persönlich
darin wohnt, umgeben von Tausenden von Engeln, so können wir die
Kirchen nie genug ehren und nie andächtig genug darin beten. Wenn
wir tiefen Glauben hätten, so würden wir mit größter Ehrfurcht die
geweihte Kirche, mit größter Ehrerbietung Christus im hl. Sakrament
anbeten und alle Engel, die zugegen sind, andächtig verehren. So
pflegte David es zu tun, da er sagt: "Vor dem Angesichte der Engel
will ich dir lobsingen, will anbeten zu deinem heiligen Tempel hin
und preisen deinen Namen" (Ps. 137, 1f.). Wer aber in der Kirche
oder gar unter dem Gottesdienst schätzt oder lacht, sündigt, begeht
eine furchtbare Verunehrung wider Gottes Majestät und wider sein
heiliges und hochgeweihtes Haus. Wenn du also in die Kirche gehst,
so nimm dir vor, kein unnötiges Wort zu reden oder anzuhören und
nicht vorwitzig umherzusehen, sondern andächtig zu beten, Gott zu
verehren, deine Sünden abzubüßen und bei Gott Barmherzigkeit zu
erlangen.
10. Zweitens erkennt man die
Vortrefflichkeit der hl. Messe aus der hochheiligen Weihe der
Priester und geistlichen Diener. Früher musste jeder Geistliche
sieben Weihen empfangen, ehe er die Gewalt bekam, die hl. Messe zu
lesen. Durch die vier niederen Weihen wurden die Geistlichen nur
erst zum Kirchendienst angenommen und zum Dienste der Priester bei
der hl. Messe verordnet. Keiner von diesen durfte den Kelch oder die
Patene, auch nicht das Corporale oder das Purifikatorium mit der
bloßen Hand anrühren, sondern dazu mussten sie erst noch die erste
von den drei höheren Weihen, den Subdiakonat, empfangen. Ähnlich
durfte auch im Tempel niemand anders als nur die Leviten die hl.
Gefäße anrühren und reinigen. Auch fast alle zur hl. Messe
notwendigen Sachen werden besonders geweiht und sollen stets sauber
und heil und nicht von geringem Stoff sein, da sie zum Dienste
Gottes gebraucht werden und zum Teil die heiligen Gestalten
unmittelbar berühren. In diesem Stück sieht es in manchen Kirchen
gar nicht so gut aus, wie es doch eigentlich sein sollte.
11. Die eigentliche Priesterweihe
aber geht folgendermaßen vor sich: Die zu Weihenden werden einzeln
aufgerufen und treten vor den Bischof in der Kleidung des Diakons,
wozu sie schon früher geweiht sind, also mit Schultertuch, Albe,
Gürtel, Manipel und Stola angetan. Der Bischof hält ihnen vor, was
für ein schweres und heiliges Amt sie auf sich nehmen wollen, und
fragt, oh sie dessen würdig seien. Wenn niemand etwas dagegen
einwendet, kniet der Bischof nieder und betet mit allen Anwesenden
über die auf ihrem Angesicht Liegenden die Allerheiligenlitanei.
Danach beginnt die eigentliche Weihe, zu welcher sich die zu
Weihenden paarweise vor dem Bischof niederknien. Erst legt der
Bischof allen die Hände auf, spricht dann mit ausgebreiteten Händen
ein langes Gebet über sie, legt jedem die Stola so um, wie sie der
Priester trägt, nämlich auf der Brust gekreuzt und danach das
aufgerollte Messgewand. Nachdem nun noch einmal die Hilfe des
Heiligen Geistes im Veni Creator angerufen ist, setzt sich der
Bischof vor den Altar und salbt einem jeden die Hände, zuerst
kreuzweise von einer Hand zur andern, den Daumen und Zeigefinger,
dann die ganze Handfläche und spricht dabei: "0 Herr, würdige dich,
diese Hände zu heiligen und zu weihen durch diese Salbung und
unseren Segen"; dann macht er das Kreuzzeichen darüber und fährt
fort: "Damit gesegnet sei, was sie segnen und geweiht, was sie
weihen und geheiligt im Namen unseres Herrn Jesu Christi". Die
gesalbten Hände werden mit einem weißen Tüchlein zusammengebunden,
dann reicht der Bischof jedem den Kelch mit Wein und Wasser sowie
die Patene mit der Hostie dar und spricht: "Empfange die Gewalt, dem
Herrn das Opfer darzubringen und die hl. Messe zu lesen sowohl für
die Lebendigen wie für die Verstorbenen. Im Namen des Herrn." Nun
waschen die Neugeweihten ihre Hände und bringen zusammen mit dem
Bischofe das heilige Opfer dar. Zur Opferung gehen die neuen
Priester mit einer brennenden Kerze, dem Sinnbild der Selbsthingabe,
zum Altar und übergeben sie in die Hand des Bischofs und dann lesen
sie zugleich mit ihm die Messe Wort für Wort. Bei der hl. Kommunion
empfangen sie den Leib des Herrn aus der Hand des Bischofs. Nachdem
so das Opfer dargebracht ist, bekommen sie noch die Gewalt, die
Sünden zu vergeben. Erst beten alle das apostolische
Glaubensbekenntnis, und dann legt der Bischof jedem beide Hände aufs
Haupt mit den Worten: "Empfange den Hl. Geist; welchen du die Sünden
vergibst, denen sind sie vergeben, und welchen du sie behältst,
denen sind sie behalten." Zuletzt verspricht noch jeder in die Hand
des Bischofs Gehorsam und wird dann von ihm gesegnet mit den Worten:
"Der Segen Gottes des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes
komme auf dich herab, auf dass du gesegnet seiest in der
priesterlichen Weihe und Opfer der Versöhnung für die Sünden des
Volkes opferst dem allmächtigen Gotte."
12. Das ist also die Form, in
welcher alle Priester der römisch-katholischen Kirche geweiht worden
sind. Warum aber nun wieder dieses alles? Warum muss ein Priester
sovielmal, mit so großer Mühe, unter so vielen Gebeten, Salbungen
und Zeremonien geweiht werden? Hauptsächlich darum, dass er genugsam
gereinigt, geheiligt und würdig gemacht werde, das allerreinste,
allerheiligste, allerhochwürdigste und allergöttlichste Opfer der
hl. Messe der furchtbaren Majestät Gottes aufzuopfern. Wenn du über
alles das ein wenig noch weiter nachdenkst, wirst du auch die hohe
Würde der Priester begreifen.
13. Drittens erkennt man die hohe
Vortrefflichkeit der hl. Messe aus den vielfältigen Sachen, die zu
einer jeden hl. Messe vonnöten sind, die will ich nacheinander hier
aufzählen. Zuerst der geweihte Priester, welcher die Person Christi
vertritt. Er tritt mit folgender Kleidung an den Altar:
Und nun ist noch nicht alles
aufgezählt; es kommt noch hinzu der Wein, der reiner und
unverfälschter Traubenwein sein muss; die Hostie aus reinem
Weizenmehl; die Messkännchen mit dem Teller; das Lavabotüchlein, die
Schelle und schließlich die Ministranten. Alles das ist so
notwendig, dass ein Priester eine Sünde tun würde, wenn er außer
einem ganz besonderen Notfalle eines davon weglassen würde. Das
magst du an einer schönen Erzählung behalten.
14. Als die Mauren aus Afrika den
größten Teil Spaniens unter ihr Joch gebracht hatten, geschah es,
dass ein König, der viele Christen gefangen hielt, sich endlich
ihrer erbarmte, sie sämtlich aus dem Kerker kommen und sich
vorstellen ließ. Er fragte einen jeden, was für ein Handwerk oder
eine Kunst er verstünde, und erlaubte jedem, dasselbe zu üben. Unter
den gefangenen Christen war auch ein Priester, welcher auf die Frage
tiefernst antwortete: "Ich kann den allmächtigen Gott vom Himmel
herabrufen. Der König befahl dem Priester, alle notwendigen Dinge
aufzuschreiben, damit er dieselben von einem christlichen Orte
herholen könne. Als nun alles besorgt war und der Priester mit der
hl. Messe anfangen wollte, bemerkte er, dass er das Kruzifix
vergessen hatte. Da stand er nun in großer Verlegenheit, ob er die
hl. Messe lesen solle oder nicht. Unterdessen rief er die Hilfe
Gottes an, und siehe, es erschienen zwei Engel, glänzend wie die
Sonne, und brachten ein schönes hölzernes Kreuz, das sie auf den
Altar stellten, worauf sie dem Priester anzufangen befahlen. Der
König fiel auf sein Angesicht und blieb so lange betend liegen, bis
die Engel verschwunden waren. Er glaubte auch dem Priester und
anerkannte die Wahrheit der christlichen Religion. Diese Geschichte
habe ich deswegen erzählt, damit du erkennst, wie von den nötigen
Dingen keines fehlen darf, wenn ein Priester dieses Opfer rechtmäßig
verrichten will.
15. Viertens erkennt man die
Vortrefflichkeit der hl. Messe an ihren andächtigen Zeremonien. Sie
alle haben ihre tiefe Bedeutung und dienen zur Erbauung und Andacht.
Deswegen hat der hl. Papst Pius V. aufs allerstrengste inkraft des
heiligen Gehorsams befohlen, dass jeder Priester nur auf diese Weise
Messe lesen darf, ohne das Geringste daran zu ändern. Der Priester
soll die hl. Messe deshalb auch nicht zu schnell lesen, damit er die
einzelnen Zeremonien recht und würdig vollziehen kann. Außerdem muss
er sich auf die hl. Messe vorbereiten und nach derselben die
Danksagung verrichten. Hieraus magst du nun erkennen, zu wie großem
Danke du dem Priester verpflichtet bist, welcher für dich eine
heilige Messe unter Beobachtung so vieler Zeremonien liest. Und wenn
es Sitte ist, ihm dafür auch eine Beihilfe für seinen
Lebensunterhalt zu gewähren, so wird das gewiss niemandem auffallen,
der das Wort des hl. Paulus kennt: "Wer dem Altar dient der soll
auch vom Altar leben."(l. Kor. 9, 13.)
16. Die ganze Größe und Würde der
hl. Messe wird durch nichts besser erkannt, als wenn man bedenkt,
wer derjenige ist, der dieses Opfer darbringt. Wer meinst du wohl,
dass dieser sein möge? Der Priester, der Bischof, oder der Papst? 0
nein. Meinst du, dass es ein Heiliger sei, oder ein Engel, oder
Maria? Es ist niemand anders, als der Priester aller Priester, der
Bischof aller Bischöfe, der eingeborene Sohn des Vaters, Jesus
Christus, der vom Vater gesalbte Hohepriester, der ewige Priester
nach der Ordnung des Melchisedech. Dieser gibt dem allerhöchsten
Messopfer solch hohe Vortrefflichkeit, die alle Vortrefflichkeiten
übersteigt und das christliche Sakrifizium ganz göttlich macht.
17. Dass Christus wirklich der
eigentliche Priester bei der hl. Messe ist, beweise ich aus dem hl.
Chrysostomus, welcher also spricht: "Was da vorgesetzt wird, sind
nicht die Werke menschlicher Kraft: der damals bei jenem Mahle
wirksam war, der wirkt das auch jetzt. Wir haben nur den Platz der
Diener inne, der aber die Gaben heiligt und verwandelt, ist Christus
selbst. Du nun, o Laie; wenn du den Priester opfern siehst, dann
glaube nicht, dass er als Priester dies tue, sondern die unsichtbar
ausgestreckte Hand Christi." Mit diesen Worten sagt der hl.
Chrysostornus klar, dass Christus selbst in eigener Person das
Wichtigste bei der heiligen Messe vollbringt, dass er nämlich vom
Himmel herabkommt, Brot und Wein in sein heiliges Fleisch und Blut
verwandelt, sich selbst Gott dem Vater für das Heil der Welt
aufopfert und als ein getreuer Mittler für das Wohl des Volkes
bittet, während die Priester nur die Diener Christi sind, ihm ihren
Mund, ihre Stimme und ihre Hände leihen, auf dass Christus durch
ihre Mithilfe dieses göttliche Opfer vollbringe.
18. Wenn aber jemand dem heiligen
Chrysostomus vielleicht nicht glauben wollte, so will ich ihm ein
Beweis liefern, welchem er nicht widersprechen kann noch darf,
nämlich das Zeugnis der heiligen, katholischen Kirche, welche auf
dem Konzil von Trient sagt, das Kreuzopfer und das Messopfer sei ein
und dasselbe Opfer, "denn es ist ein und dieselbe Opfergabe, es
opfert jetzt ebenderselbe unter dem Dienste der Priester, der sich
damals am Kreuze selbst aufopferte; nur die Weise des Opfers ist
verschieden." (Sitzg. 22. Kap.2.) Siehe, mit diesen Worten lehrt uns
die Kirche und stellt uns zu glauben vor, dass die Priester nur
Diener Christi sind, und dass er sich selbst am Altare ebenso gut
und wirksam aufopfert, als er, am Kreuze hängend, sich aufgeopfert
hat. 0 welch hohe Ehre und große Gnade, o was für eine Wohltat ist
dies für uns, dass unser göttlicher Heiland sich würdigt, unser
Priester, unser Mittler und unser Fürsprecher zu sein und sich
selbst in eigener Person Gott dem Vater für uns darzustellen und
aufzuopfern!
19. Höre auch, wie der heilige
Paulus dasselbe lehrt, indem er schreibt: "Auch geziemt es sich,
dass wir einen solchen hohen Priester hätten, der da wäre heilig,
schuldlos, unbefleckt, ausgeschieden von den Sündern und höher als
die Himmel geworden; der nicht jeden Tag nötig hat, wie die
Hohenpriester, zuerst für seine eigenen Sünden Opfer darzubringen,
dann für die des Volkes; denn dieses hat er einmal getan, da er sich
selbst aufopferte. Denn das Gesetz stellt Menschen zu Hohenpriestern
auf, die Schwachheiten haben; das Wort des Eides aber, das nach dem
Gesetze gekommen ist, den Sohn, den Vollkommenen in Ewigkeit."
(Hebr. 7, 26ff.) Sind dies nicht schöne Worte, mit welchen der
heilige Paulus uns vor Augen stellt, wie hoch der liebe Gott uns
geschätzt hat, da er uns keinen gebrechlichen, sündhaften Menschen,
sondern seinen eigenen und einzigen Sohn, welcher die Heiligkeit
selbst und voll aller Tugenden ist, zum Priester und Mittler
verordnet hat?
20. Nun wollen wir denn erwägen,
warum Christus sein Opfer keinem Menschen als Priester hat
anvertrauen wollen. Die vornehmste Ursache war, weil dieses sein
Opfer ganz rein und unbefleckt sein musste, wie der Prophet
Malachias geweissagt hat mit den Worten: "An allen Orten wird meinem
Namen ein reines Opfer dargebracht werden" (Mal. 1,11), worüber die
Kirche sagt: "Das ist jenes reine Opfer, welches durch keine
Unwürdigkeit oder Bosheit der Opfernden kann befleckt werden."
(Konzil v.Trient, Sitzg. 22, Kap. 1.) Wenn die Priester die
eigentlich Opfernden waren, so würde ja ganz gewiss das Messopfer
oft genug befleckt und verunreinigt werden und man könnte jedesmal
in Zweifel geraten, ob Gott ein angenehmes Sakrifizium geopfert sei.
Deswegen hat Gott Vater gewollt, dass sein heiligster Sohn den Namen
und das Amt eines Priesters für sich selbst beibehalten solle laut
seinen eigenen Worten: "Du bist Priester auf ewig nach der Ordnung
des Melchisedech." Die Priester sind die Diener bei diesem höchsten
Opfer. Wie nun ein Diener, wenn er von seinem Herrn einen Dukaten
empfangt, um ihn in einer Kirche zu opfern, dieses Opfer nicht
beflecken könnte, selbst wenn er sich dabei im Stande der Todsünde
befände, ebenso können auch die Priester das hochwürdige Messopfer,
welches sie im Namen Christi aufopfern, weder beflecken noch
verunreinigen.
21. Warum hat dann aber Christus
keinem Engel oder Heiligen, oder seiner reinsten Mutter dies
anvertrauen wollen? Die sind doch ganz heilig und voller Gnaden und
würden dies reinste Opfer keineswegs verunreinigt, sondern auf die
allervortrefflichste Weise dargebracht haben! Ja, 0 mein Gott, wie
heilig und andächtig würde die heilige Messe sein, welche ein Cherub
oder der heiligste Seraph lesen würde! 0, was für eine herzliche
Freude und Andacht würden diejenigen haben, die einer solchen
heiligen Messe beiwohnen und mit eigenen Augen sehen könnten, wie
ein solcher Seraph so andächtig, so ehrerbietig und so aufmerksam
die heilige Messe lesen würde! Gewiss würden ihre Herzen vor lauter
Andacht überfließen und mit göttlicher Liebe entzündet werden. Wenn
nun dies bei der heiligen Messe eines Seraphs geschehen sollte, was
würde dann geschehen, wenn die Mutter Gottes selbst ihren lieben
Sohn auf dem Altare aufopferte? Sie hat ja der heiligen Mechtildis
geoffenbart: "Ich habe meinen Sohn am Lichtmesstage mit so großer
Andacht und Dankbarkeit Gott dem Vater aufgeopfert, dass, wenn die
Andacht aller Heiligen in eines Menschen Herz eingegossen würde, sie
dennoch mit meiner Andacht nicht verglichen werden könnte." Wenn nun
Maria dies getan, als sie noch auf Erden Iebte, was würde sie nicht
jetzt tun, da sie im Himmel wohnt und mit Tugenden und göttlichen
Gnaden ganz überfüllt ist? 0 wie kräftig, o wie andächtig, o wie
unergründlich heilig würde dasjenige Messopfer sein, welches die
glorwürdigste Mutter Gottes dem allerhöchsten Gott darbringen
möchte. Wiewohl nun ein solches Messopfer eines großen Heiligen,
eines hohen Seraphs oder der allerseligsten Jungfrau überaus heilig
sein würde, so wäre es dennoch dem unendlich heiligen Gott noch
nicht heilig genug, weil ihm ein solches Opfer gebührt, das seiner
unendlichen, göttlichen Majestät ähnlich und gleichförmig ist.
Deswegen hat Christus das allerheiligste Messopfer keinem Engel,
noch einem Heiligen, viel weniger einem sündigen Menschen
anvertrauen wollen und können, sondern sich selbst vorbehalten, auf
dass er täglich seinem mächtigsten Vater zum Heil seiner lieben
Gläubigen ein entsprechendes Opfer darbringen und dasselbe auf so
unendliche, hohe und unbegreiflich kräftige Weise aufopfern könne,
dass die Allerheiligste Dreifaltigkeit ein unendliches Wohlgefallen
daran haben muss.
22. Hieraus folgt nun, dass jede hl.
Messe einen unergründlichen Wert hat, weil sie von Christus selbst
mit solcher Andacht und Ehrerbietung aufgeopfert wird, dass dieses
allen Verstand der Engel und Menschen übersteigt. Das hat Christus
mit folgenden Worten der hl. Mechtildis geoffenbart: "Ich allein
weiß und verstehe vollkommen, wie ich mich täglich auf dem Altare
für das Wohl der Gläubigen aufopfere was weder Cherubim noch
Seraphin noch die himmlischen Kräfte völlig begreifen können." 0
mein Gott, wie vortrefflich und unschätzbar muss dann diese
Aufopferung Christi in der hl. Messe sein, dass auch die heiligsten
Engel sie nicht ergründen können! 0 mein liebster Jesus, wie
unerforschlich muss dann diese deine Aufopferung sein, weil du
selbst bezeugst, dass nur du allein mit deinem göttlichen Verstande
sie erfassest! 0 wie glückselig muss dann jeder sein, der der hl.
Messe beiwohnt und dadurch verdient, dass du diese unergründliche,
allerkräftigste und allerheilsamste Aufopferung für ihn verrichtest!
23. Beherzige doch diese Worte,
geliebter Leser, und erwäge tief bei dir, wie viel dir das
Messehören nützt und einbringt, da in ihr Jesus Christus selbst sich
für dich aufopfert, sich als Mittler zwischen die göttliche
Gerechtigkeit und deine unendliche Ungerechtigkeit hinstellt und die
gerechte Strafe, so du mit deinen Sünden täglich verschuldest,
entweder ganz abwendet oder zum wenigsten aufhält. Wenn du das
richtig erkenntest, wie sehr würdest du dann die hl. Messe lieben,
wie herzlich danach verlangen, wie andächtig würdest du sie hören,
wie ungern würdest du dich davon abhalten lassen! Ja, du würdest
lieber an deinen zeitlichen Gütern Schaden leiden, als durch
Versäumung der so heilsamen Messe deiner Seele so großen Schaden
zufügen. So haben es die ersten Christen getan, welche das
Messehören so herzlich liebten, dass sie lieber ihr Leben lassen als
die hl. Messe versäumen wollten. Woher kam denn dieser Eifer? Weil
sie den hohen Wert der hl. Messe erkannten und ihrer Früchte gern
teilhaftig werden wollten. Dies sollen wir von ihnen lernen und,
durch ihr Beispiel aufgemuntert, neue Lust und Liebe zur hl. Messe
schöpfen.
24. Obwohl von den Vorzügen der hl.
Messe nun schon viel gesagt ist, so bleibt dennoch etwas Großes
übrig, nämlich die Kostbarkeit der Opfergabe, welche der
allerheiligsten Dreifaltigkeit in der hl. Messe dargebracht wird.
Der hl. Paulus schreibt an die Hebräer (8.3): 'Ein jeder
Hoherpriester wird aufgestellt zur Darbringung von Gaben und Opfern;
deshalb ist es notwendig, dass auch dieser (nämlich Christus) etwas
habe, das er darbringe." St. Paulus setzt nicht hinzu, was denn
Christus darzubringen habe, und so entsteht nun die Frage, was für
ein Opfer Christus dem himmlischen Vater in seinem Priesteramte
aufopfert. Es darf das gewiss nichts Geringes, sondern muss schon
eine kostbare Gabe sein, würdig des Herrn, dem sie aufgeopfert wird.
Denn je grösser und höher der Herr ist, umso grösser und wertvoller
muss auch die Gabe sein. Würde jemand einem Könige oder Kaiser eine
Handvoll Bohnen verehren wollen, so würde er schlechten Dank
verdienen, ja noch Spott genug davontragen. Nun aber ist der
allmächtige Gott ein Herr von so großer Majestät und Würde, dass
Himmel und Erde gegen ihn weniger sind als eine Handvoll Bohnen
gegen den Kaiser. Höre was der weise Mann von ihm sagt: "Wie ein
Stäubchen an der Waage, also ist der Erdkreis vor dir, wie ein
Tropfen des Morgentaues, der auf die Erde herabfällt." (Weish. 11,
23.) Wenn also die ganze Welt nur wie ein Tröpflein Tau gegen Gott
zu rechnen ist, was will man denn in der ganzen weiten Welt finden,
das würdig wäre, ihm als Gabe angeboten zu werden? Was will dann
Christus außer Gott finden in dem ganzen Himmel, das er der
hochheiligen Dreifaltigkeit zu einem würdigen und wohlgefälligen
Opfer verehren könne?
25. So höre denn und staune! Etwas
gab es, aber auch nur ein einziges im ganzen Himmel und auf der
ganzen Erde, was eine würdige Opfergabe für den unendlichen Gott
sein könnte, nämlich Christi eigene, allerheiligste, unbefleckte,
hochgebendeite Menschheit, d. h. sein allerheiligster Leib, sein
rosenfarbenes Blut und seine gebenedeite Seele. Diese seine heilige
Menschheit ist das Vortrefflichste und Allerwunderbarste, was die
allmächtige Hand Gottes erschaffen hat. Das hat einmal die Mutter
Gottes der hl. Brigitta offenbart mit den Worten: "Die Menschheit
Christi ist das Allerkostbarste, was jemals gewesen und noch
wirklich ist." Denn die allerfreigebigste Hand Gottes hat der
menschlichen Natur Christi so viele und große Gnaden, Reichtümer,
Tugenden, Heiligkeit, Weisheit, Vorzüge und Freiheit eingegossen,
dass er ihr nicht noch mehr mitteilen konnte. Nicht zwar, als ob
Gott nicht noch Größeres gehabt hätte, sondern weil die menschliche
Natur Größeres nicht mehr aufnehmen konnte. Wiewohl also Maria von
unsagbarer Schönheit, Heiligkeit und Hoheit ist, so verschwindet sie
doch gegen die Menschheit Christi wie eine brennende Fackel gegen
die hell leuchtende Sonne. Dieser menschlichen Natur Christi sind
alle Engel und Heiligen im Himmel und alle Menschen auf Erden nächst
Gott die höchste Ehre schuldig wegen der hohen Gnaden und Tugenden,
welche ihm als dem Haupte der Menschheit in so hohem Grade
eingegossen worden sind wie keinem anderen geschaffenen Wesen.
26. Bei der Erschaffung der Engel
hat Gott in seiner Freigebigkeit ihnen unschätzbar und unzählbar
viel Heiligkeit, Vollkommenheiten und Vorzüge verliehen; er hat auch
vielen frommen Menschen manche große Gnaden, Tugenden und Heiligkeit
aus lauter Güte mitgeteilt; über alle aber hat er der allerseligsten
Jungfrau Maria sowohl bei ihrer Erschaffung wie nachher in ihrem
heiligen Leben viele unbegreifliche Gnaden Privilegien und
Vollkommenheiten verehrt und geschenkt. Und nun zähle all dieses
zusammen, so viel hat der Heilige Geist der menschlichen Natur
Christi bei der Erschaffung mitgeteilt, nein, noch viel mehr denn
über dieses hinaus noch viele andere gleichsam unendliche Gnaden,
Reichtümer und himmlische Schätze. Nun urteile selbst, wie
unbegreiflich edel, schön, liebenswürdig, verständig und glorwürdig
die heilige Menschheit Christi sein mag, da sie ein unendliches Meer
aller Vollkommenheiten in sich begreift.
27. Diese allerkostbarste und
allerhochwürdigste Menschheit Christi ist also das einzig teuere
Opfer, welches der höchste Bischof unserer Seelen, der eingeborene
Sohn Gottes, der allerheiligsten Dreifaltigkeit täglich in allen hl.
Messen aufopfert. Mit ihr zugleich opfert er alles dasjenige, was
diese heiligste Menschheit in den dreiunddreißig Jahren seines
Wandels hier auf Erden zu größerer Ehre des dreifaltigen Gottes in
herzlicher Liebe getan und mit bitteren Schmerzen gelitten hat,
nämlich all sein Fasten, Wachen, Beten, Reisen, seine Bußwerke,
Predigten und Abtötungen all seine Verfolgungen, seine Verachtung
und Verspottung, seine Schmerzen, Geißelstreiche, seine
Dornenkrönung und Annagelung, seine Wunden, Peinen und Qualen, all
seine Tränen und Schweißtropfen, seinen Blutesschweiß, das Wasser
seiner Seite und sein kostbares Blut. Dieses alles stellt Christus
in jeder Messe der hl. Dreifaltigkeit vor Augen und opfert es auf
ebenso kräftige und annehmbare Weise, wie er es in seinem heiligen
Leben und Leiden getan hat.
28. Und nun kommt als Hauptsache
noch dazu, dass Christus diese seine hl. Menschheit nicht allein
aufopfert, sondern in innigster Vereinigung mit seiner göttlichen
Natur. Denn obwohl im hl. Messopfer nicht eigentlich die Gottheit,
sondern die Menschheit Christi der heiligsten Dreifaltigkeit
aufgeopfert wird, so doch in der Vollkommenheit, welche sie durch
die persönliche Vereinigung mit der Gottheit empfangen hat. Durch
diese Vereinigung ist die menschliche Natur Christi vergöttlicht,
mit unendlichen, göttlichen Schätzen bereichert und von unendlichem
Wert und unendlicher Würde geworden. Daraus kannst du nun schließen,
was für ein überaus kostbares Opfer unser Heiland in jeder hl. Messe
dem himmlischen Vater darbringt.
29. Zuletzt ist auch noch wohl zu
erwägen, dass Christus seine Menschheit nicht aufopfert in der
Gestalt in welcher sie im Himmel ist, sondern in der Gestalt, wie
sie auf dem Altare gegenwärtig wird. Denn im Himmel ist die
Menschheit Christi so glorwürdig und majestätisch, dass auch die hl.
Engel davor erzittern. Auf dem Altare aber ist sie so demütig und
erniedrigt dass ebendieselben hl. Engel sich gar nicht genug darüber
verwundern können. Denn hier ist diese göttliche Menschheit unter
der Gestalt der hl. Hostie verborgen, wie mit dem ärmsten Gewand
umkleidet, ja wie in einem engen Gefängnis verschlossen. Denn diese
Gestalten umgeben den Leib Christi und halten ihn so eingeschossen,
dass keine Gewalt ihn davon wieder trennen kann, solange die
Gestalten währen. Der unsterbliche Leib Christi erscheint auf dem
Altar nicht größer, als die Gestalt der hl. Hostie ist, ja, wie das
kleinste Teilchen, das von der größeren Hostie abfällt, weil er in
jedem Teile der konsekrierten Hostie ganz zugegen ist. Weder in
solchen kleinen Stücklein noch in der großen Hostie kann er seine
Hände und Füße bewegen oder ein äußerliches Werk tun, nein, wie in
einem Gefängnis liegt er da, all seiner Macht und Kräfte gleichsam
beraubt.
30. Was mag der dreifaltige Gott
sagen, wenn er diese glorwürdigste Menschheit Christi in solch
demütiger Gestalt anschaut und gleichsam wie ein verächtliches
Würmlein vor seinen Füßen liegend erblickt! 0, was für eine
gewaltige Ehre empfängt der himmlische Vater dadurch, da er ja
siehet, dass sein Sohn all diese äußerste Erniedrigung zu desto
höherer Ehre des Vaters auf sich nimmt. 0, was für eine
unbegreiflich große Kraft und Hoheit empfängt das hl. Messopfer
dadurch! 0, was für großes Heil und Nutzen bekommen dadurch die
Menschen, für welche das hochheilige Opfer verrichtet und
aufgeopfert wird! 0, was für Trost und Erquickung gewinnen daraus
die Seelen im Fegefeuer, für deren Erlösung diese heilsame Messe
gelesen und gehört wird!
31. In dem Buche von den
vortrefflichen Männern des Cistercienserordens ist zu lesen, wie zu
Zeiten des hl. Bernard ein Ordensmann zu Clairvaux gestorben und zu
den Peinen des Fegefeuers verurteilt sei. Dieser erschien einem
alten Pater und bat, die Priester möchten doch die hl. Messe für ihn
lesen. Nach wenigen Tagen erschien er dem Pater wieder mit
fröhlichem Angesicht, wies ihn dann hin auf die hl. Messen welche
die Priester in der Klosterkirche für ihn lasen und sprach: "Siehe,
das sind die Waffen der Gnade Gottes wodurch ich errettet worden
bin. Ich sage dir in Wahrheit, dass diesen Waffen der göttlichen
Gnade, dieser Kraft der Barmherzigkeit Gottes, diesem Schlachtopfer
des Heilands, gar nichts widerstehen kann als nur einzig und allein
ein unbußfertiges Herz. Dieses setze ich hierher, damit du die
Herrlichkeit der hl. Messe aus diesem Lobspruche desto besser
erkennest und sie desto lieber, öfter und andächtiger hören mögest.
Denn die täglichen hl. Messen sind die Waffen der göttlichen Gnade,
die Kraft der göttlichen Barmherzigkeit; sie enthält jenes
Schlachtopfer, dem nichts widerstehen kann, wenn man sie mit Andacht
hört. Wir sollen uns befleißen, unserem treuen Heiland herzlichen
Dank zu sagen, dass er sich täglich und stündlich dem himmlischen
Vater aufopfert, und sollen ihm danken, dass er uns diese kräftigen
Waffen gegeben hat, durch die wir Gottes Gnaden erwerben und seine
Barmherzigkeit gleichsam erzwingen können.
32. Zu größerem Ruhm der hl. Messe
wollen wir nun vernehmen, was sich bei der Einweihung der
Wallfahrtskapelle in Einsiedeln nach dem Zeugnis des hl. Konrad in
der Nacht zum 14. September 948 zugetragen hat. Im Leben des hl.
Meinrad ist zu lesen, wie achtzig Jahre nach dessen Tode Eberhard,
ein frommer Einsiedler, all sein ererbtes Vermögen zum Bau des
Klosters verwendet und endlich den hl. Konrad, Bischof von Konstanz,
ersucht habe, die Einweihung der Kapelle vorzunehmen. Als dieser nun
in der Nacht vor der Weihe in die Kapelle gehen wollte, um zu beten,
hörte er darin schon die Antiphonen und Responsorien von der
Kirchweihe laut singen. Als er hineinkam, sah er die Kapelle voller
Engel und Christum selbst in bischöflicher Kleidung, wie er dieselbe
einweihte. Hierüber geriet Konrad in solches Staunen, dass er
unbeweglich weiter dort verharrte. Er sah und hörte, wie Christus
ganz dieselben Worte und Zeremonien brauchte, welche die Kirche
vorschreibt, und wie die Heiligen ihm dabei dienten. Maria, zu deren
Ehre die Kapelle und der Altar geweiht wurden, stand auf dem Altar
in höchster Herrlichkeit, glänzender als die Sonne und leuchtend wie
der Blitz. Nach Vollendung der Weihe sang der Heiland das Hochamt in
größter Feierlichkeit, und die Chöre der Engel musizierten und
sangen dazu so herrlich, dass St. Konrad vor lauter Wonne fast
vergangen wäre. Nach vollendeter Messe verschwand das himmlische
Heer und hinterließ ihn voll Freude und Süßigkeit. Als man dann am
nächsten Morgen ihn drang, die Weihe zu beginnen, da hörten alle
eine Stimme vom Himmel, die dreimal sprach: "Höre auf, Bruder, die
Kapelle ist schon konsekriert." So ließ er dann ab mit der Weihe und
schrieb diese wundersame Sache nach Rom an den Heiligen Vater. 0
wären wir doch bei dem hl. Konrad gewesen und hätten sehen können,
was er gesehen hat: was für Verwunderung, was für Freude, was für
Andacht würden wir empfunden haben! Wir freuen uns auch so, weil wir
wissen, dass Christus selbst alle Tage in der hl. Messe sich selbst
aufopfert, und dass wir daran teilnehmen können, wenn wir nur
wollen.
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