Die Erklärung des Heiligen Messopfers
von Pater Martin von Cochem

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Katechese

Jesus Christus , das Lamm Gottes

2. Kapitel

Von der Vortrefflichkeit der Heiligen Messen

      

1. Wiewohl die Vortrefflichkeit der hl. Messe so groß ist, dass auch der höchste Engel sie nicht würdig aussprechen kann, so will ich dennoch zur Erkenntnis dieses Wertes einiges anführen. Der hl. Franz v. Sales ziert in seiner "Philothea oder Anleitung zu einem frommen Leben" die hl. Messe mit herrlichen Ehrentiteln, indem er sagt: "Die hl. Messe ist die Sonne der geistlichen Übungen, das Herz der Andacht, die Seele der Frömmigkeit, die Flamme der göttlichen Liebe der Abgrund der göttlichen Güte und ein köstliches Mittel, wodurch Gott seine Gnaden uns zueignet". 0 was sind das für schöne Worte, was für herrliche Ruhmestitel! Wie viel Zeit müsste einer haben, wenn er dieselben nach ihrer ganzen Bedeutung erklären wollte! Der heilige Franz von Sales will sagen: Will jemand recht fromm, recht andächtig und von der Liebe Gottes entzündet werden, so höre er nur fleißig die hl. Messe, und er hat schon das beste Mittel ergriffen, die göttlichen Gnaden sich zu erwerben.     

 

2. Der gelehrte Pater Osorius zieht die hl. Messe allem übrigen in der Religion vor, indem er sagt: "Unter allen Dingen, welche in der Kirche sind, ist das hl. Messopfer das allerhöchste und allerkostbarste, weil das Allerheiligste Altarsakrament darin konsekriert und Gott dem Allerhöchsten zu einem hl. Opfer dargebracht wird." Mit ihm stimmt überein Fornerus, Weihbischof von Bamberg, welcher sagt: "Die hl. Messe übersteigt an Würde um viele Stufen die anderen hl. Sakramente." Und an einer anderen Stelle: "Majestätisch sind zwar die hl. Sakramente, aber weit majestätischer ist das hl. Messopfer; jenes sind Gefäße der Barmherzigkeit für die Lebendigen, dieses aber ist ein unerschöpfliches Meer der göttlichen Freigebigkeit für die Lebendigen und Abgestorbenen." Merke, wie herrlich diese Geisteslehrer das hl. Messopfer hervorheben. So wollen wir denn sehen, aus was für Ursachen die Messe so vortrefflich sein mag.

 

3. Erstens erkennt man die hohe Vortrefflichkeit der hl. Messe aus der hochwürdigen Weihe oder Konsekration der Kirche und Altäre. Wer jemals bei der Weihe einer Kirche zugegen gewesen ist und verstanden hat, was für Gebete der Bischof gesprochen und wie viel Zeremonien er gebraucht hat, der wird sich gewiss zum höchsten erbaut und verwundert haben, wie überaus herrlich und glorwürdig eine jede Kirche und jeder Altar geweiht wird. Damit nun auch diejenigen, welche das noch niemals gesehen haben, dies erkennen mögen, so will ich die Zeremonien hier kurz beschreiben.

    

 Von der Weihe der Kirchen (Beschreibung aus der Zeit von Martin von Cochem)

Am Tage vorher müssen sowohl der Bischof wie auch die Gemeinde fasten, um durch Buße Gottes Segen wirksam zu erflehen. Am Morgen des Weihetages selbst begibt sich der Bischof mit den Geistlichen, von denen nur ein Diakon in der Kirche zurückbleibt, an den Ort, wo die für den Hochaltar bestimmten Reliquien aufbewahrt werden, und betet dort mit ihnen die sieben Bußpsalmen. Darauf begeben sie sich vor die Kirche, deren Tür geschlossen ist, der Bischof weiht Salz und Wasser, besprengt damit sich und die Umstehenden, und dann geht er mit der Geistlichkeit und dem Volk rechts um die Kirche herum und besprengt die Mauern derselben nach oben, fortwährend sprechend: "Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes." Ebenso geht er ein zweites Mal um die Kirche und besprengt die Mauern nach unten; beim dritten Mal geht er links herum und besprengt die Mauern in der Mitte. Sooft er dabei am verschlossenen Hauptportal der Kirche anlangt, spricht er ein Gebet, stößt mit dem Bischofsstabe an die Tür und spricht: "Öffnet euch, ihr ewigen Tore, und es wird einziehen der König der Herrlichkeit," Aus dem Inneren der Kirche fragt dann ein Diakon: "Wer ist dieser König der Herrlichkeit?" Der Bischof antwortet das erste und zweite Mal: "Der Herr, stark und mächtig; der Herr mächtig im Kampfe." Das dritte Mal aber antwortet er mit der gesamten Geistlichkeit: "Der Herr der Heerscharen, er ist der König der Herrlichkeit“, und fügt hinzu: ,,Öffnet, öffnet, öffnet" Dann zeichnet der Bischof mit dem Stabe das Kreuz auf die Türschwelle und spricht: "Siehe das Zeichen des Kreuzes, fliehen sollen alle bösen Geister." Dann tritt der Bischof mit der Geistlichkeit ein mit den Worten: "Der Friede sei diesem Hause!"

 

4. In der Mitte der Kirche kniet der Bischof nieder und betet den Hymnus "Veni creator Spiritus - 0 komm du Schöpfer, Heiliger Geist." Darauf folgt die Allerheiligenlitanei und der Lobgesang des Zacharias, während dessen der Bischof mit dem Hirtenstab auf den in Kreuzesform mit Asche bestreuten Boden die Buchstaben des lateinischen und griechischen Alphabets schreibt. Vor dem Hochaltar kniend, spricht er nunmehr dreimal: "Deus in adjutorium meum intende," weihet dann mit vielen Kreuzzeichen Wasser mit Salz, Wein und Asche und fängt an, den Altar zu weihen, indem er mit dem so geweihten Wasser je ein Kreuz in die Mitte des Altars und an seine vier Ecken zeichnet. Vom Altar aus geht der Bischof dreimal durch die Kirche und besprengt zuerst die Wände von unten nach oben, dann den Boden und endlich von der Mitte aus nach den vier Himmelsgegenden das Ganze der Kirche. Schließlich bereitet er mit diesem Wasser Mörtel, mit welchem nachher die Reliquien in den Altar eingemauert werden sollen.

 

5. Die Reliquien werden nun aus der Kapelle geholt, wo sie die Nacht vorher aufbewahrt wurden, und in feierlicher Prozession zuerst um die Kirche herum und dann in dieselbe hineingetragen. An der Kirchtüre hält der Bischof eine Ansprache an die Gläubigen, verliest bestimmte kirchliche Vorschriften und salbt die Kirchentür von außen mit Chrisam. Dann salbt er das Altargrab mit Chrisam, legt die Reliquien hinein und verschließt dasselbe mit einem geweihten Stein und genanntem Mörtel. Darauf inzensiert der Bischof den Altar von allen Seiten und gibt das Rauchfass einem Priester, der nun fortwährend räuchernd um den Altar gehen muss, bis der Bischof die Altarplatte zunächst in der Mitte und an den vier Ecken und dann über die ganze Oberfläche mit heiligem Öle gesalbt hat. Nachdem dann noch die Wände der Kirche an zwölf mit den sogenannten Apostelkreuzen bezeichneten Stellen gesalbt und inzensiert sind, kehrt der Bischof nochmals zum Altare zurück und zündet gesegneten Weihrauch auf demselben an. Die nun folgenden Gebete, Antiphonen und eine herrliche Präfation sprechen davon wie der Altar jetzt bereitet sei, dass Christus auf ihn herabsteigen und in der Kirche seine Wohnung nehmen könne. Dann salbt der Bischof noch den unteren Teil des Altares, und schließlich wird feierlich die hl. Messe gehalten.

Alle, welche einer solchen Kirchweihe beiwohnen, können sich nicht genug wundern über die vielfältigen Zeremonien, Salbungen, Weihungen und Gebete. Warum aber dieses alles? Warum verwendet man so viele Mühe, Zeit und Unkosten zur Einweihung einer Kirche? Einzig um dieser wichtigen Ursache willen, damit die Kirche würdig werde, dass in ihr das heiligste Messopfer gefeiert und der Altar geheiligt werde, um das allerreinste und allerheiligste Lamm Gottes geistigerweise auf ihm schlachten zu können.

 

6. Aus alledem erkennt ein guter Christ, wie hochheilig unsere Kirchen und Altäre sind und in was für großen Ehren sie gehalten werden sollen. Der Tempel Salomons war nur ein Schatten und Vorbild unserer Kirchen, dennoch wurde er von Juden und Heiden hoch in Ehren gehalten. Wie viel mehr sollen denn also unsere so gar heilig konsekrierten Kirchen geehrt werden! Von der Weihe des Salomonischen Tempels meldet das dritte Buch der Könige, dass der König Salomon zweiundzwanzigtausend Ochsen und hundertzwanzigtausend Widder geopfert habe, welche allesamt von den Priestern geschlachtet, gereinigt und stückweise zum Opfern niedergelegt wurden. Während nun Salomon laut betete, siehe, da fiel Feuer vom Himmel herab und verzehrte die Schlachtopfer. Der ganze Tempel ward mit Nebel und Rauch erfüllt, und die Majestät Gottes erschien in ihm. Alles Volk sah das Feuer und die Herrlichkeit Gottes, fiel vor Schrecken auf das Angesicht und betete Gott von Herzen an. Salomon aber warf sich vor aller Augen auf die Knie nieder und betete mit lauter Stimme: "Sollte man es glauben, dass Gott wahrhaft wohne auf Erden? Denn wenn der Himmel und die Himmel der Himmel dich nicht fassen können, wie viel weniger dieses Haus, das ich erbaut habe!" (3. Kön. 8, 27.)

 

7. Wer verwundert sich nicht darüber, und wer kann die Würde des Tempels genug begreifen? Und doch war er nur ein Vorbild, ja ein Schatten unserer christlichen Kirchen. Sein Heiligstes war die Bundeslade, die einst die zwei Gesetzestafeln, ein Gefäß mit Manna und den blühenden Stab Aarons enthielt. Die jüdischen Opfer waren Tiere, Brot, Wein, Kuchen u. dgl. Unsere Kirchen aber werden unvergleichlich heiliger vom Bischof geweiht, mit heiligem Öl gesalbt, mit geweihtem Wasser besprengt, mit gesegnetem Weihrauch inzensiert, durch zahlreiche Kreuzzeichen und zuletzt durch die Feier der hl. Messe geheiligt. Anstatt der Bundeslade haben wir den Tabernakel, in welchem das wahre Manna, das Allerheiligste Sakrament, aufbewahrt wird. Wenn denn der Tempel Salomons billigermaßen in Ehren gehalten wurde, wie viel mehr sind dann unsere konsekrierten Kirchen, in welchen Gott persönlich wohnt, in größten Ehren zu halten!

 

8. Unsere Kirchen werden nicht bloß genannt, sondern sind auch in Wahrheit ein Haus Gottes, in welchem Gott persönlich wohnt und allezeit anzutreffen ist. Stets hat er Tausende von Engeln bei sich, die ihm dienen, ihn anbeten, ihn loben und ehren und ihm unser Gebet vortragen. Dies wurde vorbedeutet durch die Erscheinung der Himmelsleiter, welche der Patriarch Jakob nachts im Traume sah. Als er aufwachte, sprach er: "Wie furchtbar ist dieser Ort! Hier ist nichts anderes als das Haus Gottes und die Pforte des Himmels" (Gen. 28, 17). Den Stein, auf welchem er mit dem Kopfe gelegen hatte, salbte er mit Öl und richtete ihn auf zu einem Altare, und als er zurückkam, opferte er Gott auf diesem Steine. Das ist ein Vorbild der christlichen Kirchen gewesen, in denen der Altarstein mit dem hl. Öl und Chrysam gesalbt wird, und von denen man in Wahrheit sagen kann: "Wie furchtbar ist dieser Ort; hier ist nichts anderes als das Haus Gottes und die Pforte des Himmels!" Da steigen die Engel auf und ab und bringen unsere Gebete Gott dar. Von unseren Kirchen hat Gott schon durch den Propheten Isaias sagen lassen: "Ich will sie hinaufführen auf meinen heiligen Berg und sie erfreuen in meinem Bethause; ihre Brandopfer und Schlachtopfer sollen mir angenehm sein auf meinem Altare; denn mein Haus wird ein Bethaus genannt werden für alle Völker" (Is. 56,7).

 

9. Weil also unsere Kirchen wirklich Gotteshäuser sind, und weil Christus im hl. Sakrament persönlich darin wohnt, umgeben von Tausenden von Engeln, so können wir die Kirchen nie genug ehren und nie andächtig genug darin beten. Wenn wir tiefen Glauben hätten, so würden wir mit größter Ehrfurcht die geweihte Kirche, mit größter Ehrerbietung Christus im hl. Sakrament anbeten und alle Engel, die zugegen sind, andächtig verehren. So pflegte David es zu tun, da er sagt: "Vor dem Angesichte der Engel will ich dir lobsingen, will anbeten zu deinem heiligen Tempel hin und preisen deinen Namen" (Ps. 137, 1f.). Wer aber in der Kirche oder gar unter dem Gottesdienst schätzt oder lacht, sündigt, begeht eine furchtbare Verunehrung wider Gottes Majestät und wider sein heiliges und hochgeweihtes Haus. Wenn du also in die Kirche gehst, so nimm dir vor, kein unnötiges Wort zu reden oder anzuhören und nicht vorwitzig umherzusehen, sondern andächtig zu beten, Gott zu verehren, deine Sünden abzubüßen und bei Gott Barmherzigkeit zu erlangen.

 

10. Zweitens erkennt man die Vortrefflichkeit der hl. Messe aus der hochheiligen Weihe der Priester und geistlichen Diener. Früher musste jeder Geistliche sieben Weihen empfangen, ehe er die Gewalt bekam, die hl. Messe zu lesen. Durch die vier niederen Weihen wurden die Geistlichen nur erst zum Kirchendienst angenommen und zum Dienste der Priester bei der hl. Messe verordnet. Keiner von diesen durfte den Kelch oder die Patene, auch nicht das Corporale oder das Purifikatorium mit der bloßen Hand anrühren, sondern dazu mussten sie erst noch die erste von den drei höheren Weihen, den Subdiakonat, empfangen. Ähnlich durfte auch im Tempel niemand anders als nur die Leviten die hl. Gefäße anrühren und reinigen. Auch fast alle zur hl. Messe notwendigen Sachen werden besonders geweiht und sollen stets sauber und heil und nicht von geringem Stoff sein, da sie zum Dienste Gottes gebraucht werden und zum Teil die heiligen Gestalten unmittelbar berühren. In diesem Stück sieht es in manchen Kirchen gar nicht so gut aus, wie es doch eigentlich sein sollte.

 

11. Die eigentliche Priesterweihe aber geht folgendermaßen vor sich: Die zu Weihenden werden einzeln aufgerufen und treten vor den Bischof in der Kleidung des Diakons, wozu sie schon früher geweiht sind, also mit Schultertuch, Albe, Gürtel, Manipel und Stola angetan. Der Bischof hält ihnen vor, was für ein schweres und heiliges Amt sie auf sich nehmen wollen, und fragt, oh sie dessen würdig seien. Wenn niemand etwas dagegen einwendet, kniet der Bischof nieder und betet mit allen Anwesenden über die auf ihrem Angesicht Liegenden die Allerheiligenlitanei. Danach beginnt die eigentliche Weihe, zu welcher sich die zu Weihenden paarweise vor dem Bischof niederknien. Erst legt der Bischof allen die Hände auf, spricht dann mit ausgebreiteten Händen ein langes Gebet über sie, legt jedem die Stola so um, wie sie der Priester trägt, nämlich auf der Brust gekreuzt und danach das aufgerollte Messgewand. Nachdem nun noch einmal die Hilfe des Heiligen Geistes im Veni Creator angerufen ist, setzt sich der Bischof vor den Altar und salbt einem jeden die Hände, zuerst kreuzweise von einer Hand zur andern, den Daumen und Zeigefinger, dann die ganze Handfläche und spricht dabei: "0 Herr, würdige dich, diese Hände zu heiligen und zu weihen durch diese Salbung und unseren Segen"; dann macht er das Kreuzzeichen darüber und fährt fort: "Damit gesegnet sei, was sie segnen und geweiht, was sie weihen und geheiligt im Namen unseres Herrn Jesu Christi". Die gesalbten Hände werden mit einem weißen Tüchlein zusammengebunden, dann reicht der Bischof jedem den Kelch mit Wein und Wasser sowie die Patene mit der Hostie dar und spricht: "Empfange die Gewalt, dem Herrn das Opfer darzubringen und die hl. Messe zu lesen sowohl für die Lebendigen wie für die Verstorbenen. Im Namen des Herrn." Nun waschen die Neugeweihten ihre Hände und bringen zusammen mit dem Bischofe das heilige Opfer dar. Zur Opferung gehen die neuen Priester mit einer brennenden Kerze, dem Sinnbild der Selbsthingabe, zum Altar und übergeben sie in die Hand des Bischofs und dann lesen sie zugleich mit ihm die Messe Wort für Wort. Bei der hl. Kommunion empfangen sie den Leib des Herrn aus der Hand des Bischofs. Nachdem so das Opfer dargebracht ist, bekommen sie noch die Gewalt, die Sünden zu vergeben. Erst beten alle das apostolische Glaubensbekenntnis, und dann legt der Bischof jedem beide Hände aufs Haupt mit den Worten: "Empfange den Hl. Geist; welchen du die Sünden vergibst, denen sind sie vergeben, und welchen du sie behältst, denen sind sie behalten." Zuletzt verspricht noch jeder in die Hand des Bischofs Gehorsam und wird dann von ihm gesegnet mit den Worten: "Der Segen Gottes des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes komme auf dich herab, auf dass du gesegnet seiest in der priesterlichen Weihe und Opfer der Versöhnung für die Sünden des Volkes opferst dem allmächtigen Gotte."

 

12. Das ist also die Form, in welcher alle Priester der römisch-katholischen Kirche geweiht worden sind. Warum aber nun wieder dieses alles? Warum muss ein Priester sovielmal, mit so großer Mühe, unter so vielen Gebeten, Salbungen und Zeremonien geweiht werden? Hauptsächlich darum, dass er genugsam gereinigt, geheiligt und würdig gemacht werde, das allerreinste, allerheiligste, allerhochwürdigste und allergöttlichste Opfer der hl. Messe der furchtbaren Majestät Gottes aufzuopfern. Wenn du über alles das ein wenig noch weiter nachdenkst, wirst du auch die hohe Würde der Priester begreifen.

 

13. Drittens erkennt man die hohe Vortrefflichkeit der hl. Messe aus den vielfältigen Sachen, die zu einer jeden hl. Messe vonnöten sind, die will ich nacheinander hier aufzählen. Zuerst der geweihte Priester, welcher die Person Christi vertritt. Er tritt mit folgender Kleidung an den Altar:1. Das Humerale oder der Amictus, auf Deutsch Schultertuch, welches der Priester zuerst über sein Haupt und danach um die Schultern legt; es bedeutet das Tuch, mit welchem die Juden im Hause des Kaiphas das Antlitz Christi bedeckten und spottweise fragten: "Weissage uns Christus, wer ist's, der dich geschlagen hat."2. Die Albe; sie bedeutet das weiße Spottgewand, mit dem Christus im Hause des Herodes bekleidet wurde;3. der leinene Gürtel, ein Abbild des Strickes, mit dem der Heiland gebunden und gefangen abgeführt wurde;4. der Manipel, den der Priester am linken Arm trägt; er bedeutet die Bande, mit denen Christi Arme gebunden wurden;5. Die Stola, die der Priester über die Schultern und kreuzweise vorn übereinander legt; ein Sinnbild des Kreuzes, das Christus auf seine Schultern genommen;6. die Kasel oder das Messgewand bedeutet das Purpurkleid, welches Christus von den Soldaten bei der Dornenkrönung angelegt worden ist. Das Kreuz auf der Rückseite besagt, dass der Priester das Kreuz Christi geduldig auf sich nehmen muss, und den Stab  auf der Vorderseite kann man auf die Geißelungssäule deuten.  Zweitens ist vonnöten ein konsekrierter Altar, welcher etwas erhöht stehen soll, weil er den Kalvarienberg andeutet, auf dem das Kreuzopfer dargebracht worden ist. Für die hl. Messe sind zu seiner Ausstattung nötig:1. drei Altartücher, welche die Grabtücher Christi sinnbilden,2. ein Kruzifix, weil Messopfer und Kreuzopfer dasselbe sind;3. mindestens zwei Leuchter mit Wachskerzen;4. das Messbuch;5. ein Kissen oder Pult für das Messbuch;6. die drei Kanontafeln;  Drittens kommt der Kelch, zu dem folgendes gehört:1. ein Löffelchen, um ein wenig Wasser in den Wein zu mischen;2. die leinene Palla, mit welcher der Kelch zugedeckt wird;3. die Patene, ein goldener oder vergoldeter Teller, auf welchem die hl. Hostie liegt;4. das Purifikatorium oder Kelchtüchlein zum Austrocknen des Kelches;5. das Velum oder seidene Tuch, mit dem dies alles bedeckt wird;6. die Bursa zur Aufnahme von7. dem Korporale, d. i. ein Linnentuch, auf dem die hl. Hostie zu liegen und der Kelch zu stehen kommt.

 

Und nun ist noch nicht alles aufgezählt; es kommt noch hinzu der Wein, der reiner und unverfälschter Traubenwein sein muss; die Hostie aus reinem Weizenmehl; die Messkännchen mit dem Teller; das Lavabotüchlein, die Schelle und schließlich die Ministranten. Alles das ist so notwendig, dass ein Priester eine Sünde tun würde, wenn er außer einem ganz besonderen Notfalle eines davon weglassen würde. Das magst du an einer schönen Erzählung behalten.

 

14. Als die Mauren aus Afrika den größten Teil Spaniens unter ihr Joch gebracht hatten, geschah es, dass ein König, der viele Christen gefangen hielt, sich endlich ihrer erbarmte, sie sämtlich aus dem Kerker kommen und sich vorstellen ließ. Er fragte einen jeden, was für ein Handwerk oder eine Kunst er verstünde, und erlaubte jedem, dasselbe zu üben. Unter den gefangenen Christen war auch ein Priester, welcher auf die Frage tiefernst antwortete: "Ich kann den allmächtigen Gott vom Himmel herabrufen. Der König befahl dem Priester, alle notwendigen Dinge aufzuschreiben, damit er dieselben von einem christlichen Orte herholen könne. Als nun alles besorgt war und der Priester mit der hl. Messe anfangen wollte, bemerkte er, dass er das Kruzifix vergessen hatte. Da stand er nun in großer Verlegenheit, ob er die hl. Messe lesen solle oder nicht. Unterdessen rief er die Hilfe Gottes an, und siehe, es erschienen zwei Engel, glänzend wie die Sonne, und brachten ein schönes hölzernes Kreuz, das sie auf den Altar stellten, worauf sie dem Priester anzufangen befahlen. Der König fiel auf sein Angesicht und blieb so lange betend liegen, bis die Engel verschwunden waren. Er glaubte auch dem Priester und anerkannte die Wahrheit der christlichen Religion. Diese Geschichte habe ich deswegen erzählt, damit du erkennst, wie von den nötigen Dingen keines fehlen darf, wenn ein Priester dieses Opfer rechtmäßig verrichten will.

 

15. Viertens erkennt man die Vortrefflichkeit der hl. Messe an ihren andächtigen Zeremonien. Sie alle haben ihre tiefe Bedeutung und dienen zur Erbauung und Andacht. Deswegen hat der hl. Papst Pius V. aufs allerstrengste inkraft des heiligen Gehorsams befohlen, dass jeder Priester nur auf diese Weise Messe lesen darf, ohne das Geringste daran zu ändern. Der Priester soll die hl. Messe deshalb auch nicht zu schnell lesen, damit er die einzelnen Zeremonien recht und würdig vollziehen kann. Außerdem muss er sich auf die hl. Messe vorbereiten und nach derselben die Danksagung verrichten. Hieraus magst du nun erkennen, zu wie großem Danke du dem Priester verpflichtet bist, welcher für dich eine heilige Messe unter Beobachtung so vieler Zeremonien liest. Und wenn es Sitte ist, ihm dafür auch eine Beihilfe für seinen Lebensunterhalt zu gewähren, so wird das gewiss niemandem auffallen, der das Wort des hl. Paulus kennt: "Wer dem Altar dient der soll auch vom Altar leben."(l. Kor. 9, 13.)

 

16. Die ganze Größe und Würde der hl. Messe wird durch nichts besser erkannt, als wenn man bedenkt, wer derjenige ist, der dieses Opfer darbringt. Wer meinst du wohl, dass dieser sein möge? Der Priester, der Bischof, oder der Papst? 0 nein. Meinst du, dass es ein Heiliger sei, oder ein Engel, oder Maria? Es ist niemand anders, als der Priester aller Priester, der Bischof aller Bischöfe, der eingeborene Sohn des Vaters, Jesus Christus, der vom Vater gesalbte Hohepriester, der ewige Priester nach der Ordnung des Melchisedech. Dieser gibt dem allerhöchsten Messopfer solch hohe Vortrefflichkeit, die alle Vortrefflichkeiten übersteigt und das christliche Sakrifizium ganz göttlich macht.

17. Dass Christus wirklich der eigentliche Priester bei der hl. Messe ist, beweise ich aus dem hl. Chrysostomus, welcher also spricht: "Was da vorgesetzt wird, sind nicht die Werke menschlicher Kraft: der damals bei jenem Mahle wirksam war, der wirkt das auch jetzt. Wir haben nur den Platz der Diener inne, der aber die Gaben heiligt und verwandelt, ist Christus selbst. Du nun, o Laie; wenn du den Priester opfern siehst, dann glaube nicht, dass er als Priester dies tue, sondern die unsichtbar ausgestreckte Hand Christi." Mit diesen Worten sagt der hl. Chrysostornus klar, dass Christus selbst in eigener Person das Wichtigste bei der heiligen Messe vollbringt, dass er nämlich vom Himmel herabkommt, Brot und Wein in sein heiliges Fleisch und Blut verwandelt, sich selbst Gott dem Vater für das Heil der Welt aufopfert und als ein getreuer Mittler für das Wohl des Volkes bittet, während die Priester nur die Diener Christi sind, ihm ihren Mund, ihre Stimme und ihre Hände leihen, auf dass Christus durch ihre Mithilfe dieses göttliche Opfer vollbringe.

 

18. Wenn aber jemand dem heiligen Chrysostomus vielleicht nicht glauben wollte, so will ich ihm ein Beweis liefern, welchem er nicht widersprechen kann noch darf, nämlich das Zeugnis der heiligen, katholischen Kirche, welche auf dem Konzil von Trient sagt, das Kreuzopfer und das Messopfer sei ein und dasselbe Opfer, "denn es ist ein und dieselbe Opfergabe, es opfert jetzt ebenderselbe unter dem Dienste der Priester, der sich damals am Kreuze selbst aufopferte; nur die Weise des Opfers ist verschieden." (Sitzg. 22. Kap.2.) Siehe, mit diesen Worten lehrt uns die Kirche und stellt uns zu glauben vor, dass die Priester nur Diener Christi sind, und dass er sich selbst am Altare ebenso gut und wirksam aufopfert, als er, am Kreuze hängend, sich aufgeopfert hat. 0 welch hohe Ehre und große Gnade, o was für eine Wohltat ist dies für uns, dass unser göttlicher Heiland sich würdigt, unser Priester, unser Mittler und unser Fürsprecher zu sein und sich selbst in eigener Person Gott dem Vater für uns darzustellen und aufzuopfern!

 

19. Höre auch, wie der heilige Paulus dasselbe lehrt, indem er schreibt: "Auch geziemt es sich, dass wir einen solchen hohen Priester hätten, der da wäre heilig, schuldlos, unbefleckt, ausgeschieden von den Sündern und höher als die Himmel geworden; der nicht jeden Tag nötig hat, wie die Hohenpriester, zuerst für seine eigenen Sünden Opfer darzubringen, dann für die des Volkes; denn dieses hat er einmal getan, da er sich selbst aufopferte. Denn das Gesetz stellt Menschen zu Hohenpriestern auf, die Schwachheiten haben; das Wort des Eides aber, das nach dem Gesetze gekommen ist, den Sohn, den Vollkommenen in Ewigkeit." (Hebr. 7, 26ff.) Sind dies nicht schöne Worte, mit welchen der heilige Paulus uns vor Augen stellt, wie hoch der liebe Gott uns geschätzt hat, da er uns keinen gebrechlichen, sündhaften Menschen, sondern seinen eigenen und einzigen Sohn, welcher die Heiligkeit selbst und voll aller Tugenden ist, zum Priester und Mittler verordnet hat?

 

20. Nun wollen wir denn erwägen, warum Christus sein Opfer keinem Menschen als Priester hat anvertrauen wollen. Die vornehmste Ursache war, weil dieses sein Opfer ganz rein und unbefleckt sein musste, wie der Prophet Malachias geweissagt hat mit den Worten: "An allen Orten wird meinem Namen ein reines Opfer dargebracht werden" (Mal. 1,11), worüber die Kirche sagt: "Das ist jenes reine Opfer, welches durch keine Unwürdigkeit oder Bosheit der Opfernden kann befleckt werden." (Konzil v.Trient, Sitzg. 22, Kap. 1.) Wenn die Priester die eigentlich Opfernden waren, so würde ja ganz gewiss das Messopfer oft genug befleckt und verunreinigt werden und man könnte jedesmal in Zweifel geraten, ob Gott ein angenehmes Sakrifizium geopfert sei. Deswegen hat Gott Vater gewollt, dass sein heiligster Sohn den Namen und das Amt eines Priesters für sich selbst beibehalten solle laut seinen eigenen Worten: "Du bist Priester auf ewig nach der Ordnung des Melchisedech." Die Priester sind die Diener bei diesem höchsten Opfer. Wie nun ein Diener, wenn er von seinem Herrn einen Dukaten empfangt, um ihn in einer Kirche zu opfern, dieses Opfer nicht beflecken könnte, selbst wenn er sich dabei im Stande der Todsünde befände, ebenso können auch die Priester das hochwürdige Messopfer, welches sie im Namen Christi aufopfern, weder beflecken noch verunreinigen.

 

21. Warum hat dann aber Christus keinem Engel oder Heiligen, oder seiner reinsten Mutter dies anvertrauen wollen? Die sind doch ganz heilig und voller Gnaden und würden dies reinste Opfer keineswegs verunreinigt, sondern auf die allervortrefflichste Weise dargebracht haben! Ja, 0 mein Gott, wie heilig und andächtig würde die heilige Messe sein, welche ein Cherub oder der heiligste Seraph lesen würde! 0, was für eine herzliche Freude und Andacht würden diejenigen haben, die einer solchen heiligen Messe beiwohnen und mit eigenen Augen sehen könnten, wie ein solcher Seraph so andächtig, so ehrerbietig und so aufmerksam die heilige Messe lesen würde! Gewiss würden ihre Herzen vor lauter Andacht überfließen und mit göttlicher Liebe entzündet werden. Wenn nun dies bei der heiligen Messe eines Seraphs geschehen sollte, was würde dann geschehen, wenn die Mutter Gottes selbst ihren lieben Sohn auf dem Altare aufopferte? Sie hat ja der heiligen Mechtildis geoffenbart: "Ich habe meinen Sohn am Lichtmesstage mit so großer Andacht und Dankbarkeit Gott dem Vater aufgeopfert, dass, wenn die Andacht aller Heiligen in eines Menschen Herz eingegossen würde, sie dennoch mit meiner Andacht nicht verglichen werden könnte." Wenn nun Maria dies getan, als sie noch auf Erden Iebte, was würde sie nicht jetzt tun, da sie im Himmel wohnt und mit Tugenden und göttlichen Gnaden ganz überfüllt ist? 0 wie kräftig, o wie andächtig, o wie unergründlich heilig würde dasjenige Messopfer sein, welches die glorwürdigste Mutter Gottes dem allerhöchsten Gott darbringen möchte. Wiewohl nun ein solches Messopfer eines großen Heiligen, eines hohen Seraphs oder der allerseligsten Jungfrau überaus heilig sein würde, so wäre es dennoch dem unendlich heiligen Gott noch nicht heilig genug, weil ihm ein solches Opfer gebührt, das seiner unendlichen, göttlichen Majestät ähnlich und gleichförmig ist. Deswegen hat Christus das allerheiligste Messopfer keinem Engel, noch einem Heiligen, viel weniger einem sündigen Menschen anvertrauen wollen und können, sondern sich selbst vorbehalten, auf dass er täglich seinem mächtigsten Vater zum Heil seiner lieben Gläubigen ein entsprechendes Opfer darbringen und dasselbe auf so unendliche, hohe und unbegreiflich kräftige Weise aufopfern könne, dass die Allerheiligste Dreifaltigkeit ein unendliches Wohlgefallen daran haben muss.

 

22. Hieraus folgt nun, dass jede hl. Messe einen unergründlichen Wert hat, weil sie von Christus selbst mit solcher Andacht und Ehrerbietung aufgeopfert wird, dass dieses allen Verstand der Engel und Menschen übersteigt. Das hat Christus mit folgenden Worten der hl. Mechtildis geoffenbart: "Ich allein weiß und verstehe vollkommen, wie ich mich täglich auf dem Altare für das Wohl der Gläubigen aufopfere was weder Cherubim noch Seraphin noch die himmlischen Kräfte völlig begreifen können." 0 mein Gott, wie vortrefflich und unschätzbar muss dann diese Aufopferung Christi in der hl. Messe sein, dass auch die heiligsten Engel sie nicht ergründen können! 0 mein liebster Jesus, wie unerforschlich muss dann diese deine Aufopferung sein, weil du selbst bezeugst, dass nur du allein mit deinem göttlichen Verstande sie erfassest! 0 wie glückselig muss dann jeder sein, der der hl. Messe beiwohnt und dadurch verdient, dass du diese unergründliche, allerkräftigste und allerheilsamste Aufopferung für ihn verrichtest!

 

23. Beherzige doch diese Worte, geliebter Leser, und erwäge tief bei dir, wie viel dir das Messehören nützt und einbringt, da in ihr Jesus Christus selbst sich für dich aufopfert, sich als Mittler zwischen die göttliche Gerechtigkeit und deine unendliche Ungerechtigkeit hinstellt und die gerechte Strafe, so du mit deinen Sünden täglich verschuldest, entweder ganz abwendet oder zum wenigsten aufhält. Wenn du das richtig erkenntest, wie sehr würdest du dann die hl. Messe lieben, wie herzlich danach verlangen, wie andächtig würdest du sie hören, wie ungern würdest du dich davon abhalten lassen! Ja, du würdest lieber an deinen zeitlichen Gütern Schaden leiden, als durch Versäumung der so heilsamen Messe deiner Seele so großen Schaden zufügen. So haben es die ersten Christen getan, welche das Messehören so herzlich liebten, dass sie lieber ihr Leben lassen als die hl. Messe versäumen wollten. Woher kam denn dieser Eifer? Weil sie den hohen Wert der hl. Messe erkannten und ihrer Früchte gern teilhaftig werden wollten. Dies sollen wir von ihnen lernen und, durch ihr Beispiel aufgemuntert, neue Lust und Liebe zur hl. Messe schöpfen.

 

24. Obwohl von den Vorzügen der hl. Messe nun schon viel gesagt ist, so bleibt dennoch etwas Großes übrig, nämlich die Kostbarkeit der Opfergabe, welche der allerheiligsten Dreifaltigkeit in der hl. Messe dargebracht wird. Der hl. Paulus schreibt an die Hebräer (8.3): 'Ein jeder Hoherpriester wird aufgestellt zur Darbringung von Gaben und Opfern; deshalb ist es notwendig, dass auch dieser (nämlich Christus) etwas habe, das er darbringe." St. Paulus setzt nicht hinzu, was denn Christus darzubringen habe, und so entsteht nun die Frage, was für ein Opfer Christus dem himmlischen Vater in seinem Priesteramte aufopfert. Es darf das gewiss nichts Geringes, sondern muss schon eine kostbare Gabe sein, würdig des Herrn, dem sie aufgeopfert wird. Denn je grösser und höher der Herr ist, umso grösser und wertvoller muss auch die Gabe sein. Würde jemand einem Könige oder Kaiser eine Handvoll Bohnen verehren wollen, so würde er schlechten Dank verdienen, ja noch Spott genug davontragen. Nun aber ist der allmächtige Gott ein Herr von so großer Majestät und Würde, dass Himmel und Erde gegen ihn weniger sind als eine Handvoll Bohnen gegen den Kaiser. Höre was der weise Mann von ihm sagt: "Wie ein Stäubchen an der Waage, also ist der Erdkreis vor dir, wie ein Tropfen des Morgentaues, der auf die Erde herabfällt." (Weish. 11, 23.) Wenn also die ganze Welt nur wie ein Tröpflein Tau gegen Gott zu rechnen ist, was will man denn in der ganzen weiten Welt finden, das würdig wäre, ihm als Gabe angeboten zu werden? Was will dann Christus außer Gott finden in dem ganzen Himmel, das er der hochheiligen Dreifaltigkeit zu einem würdigen und wohlgefälligen Opfer verehren könne?

 

25. So höre denn und staune! Etwas gab es, aber auch nur ein einziges im ganzen Himmel und auf der ganzen Erde, was eine würdige Opfergabe für den unendlichen Gott sein könnte, nämlich Christi eigene, allerheiligste, unbefleckte, hochgebendeite Menschheit, d. h. sein allerheiligster Leib, sein rosenfarbenes Blut und seine gebenedeite Seele. Diese seine heilige Menschheit ist das Vortrefflichste und Allerwunderbarste, was die allmächtige Hand Gottes erschaffen hat. Das hat einmal die Mutter Gottes der hl. Brigitta offenbart mit den Worten: "Die Menschheit Christi ist das Allerkostbarste, was jemals gewesen und noch wirklich ist." Denn die allerfreigebigste Hand Gottes hat der menschlichen Natur Christi so viele und große Gnaden, Reichtümer, Tugenden, Heiligkeit, Weisheit, Vorzüge und Freiheit eingegossen, dass er ihr nicht noch mehr mitteilen konnte. Nicht zwar, als ob Gott nicht noch Größeres gehabt hätte, sondern weil die menschliche Natur Größeres nicht mehr aufnehmen konnte. Wiewohl also Maria von unsagbarer Schönheit, Heiligkeit und Hoheit ist, so verschwindet sie doch gegen die Menschheit Christi wie eine brennende Fackel gegen die hell leuchtende Sonne. Dieser menschlichen Natur Christi sind alle Engel und Heiligen im Himmel und alle Menschen auf Erden nächst Gott die höchste Ehre schuldig wegen der hohen Gnaden und Tugenden, welche ihm als dem Haupte der Menschheit in so hohem Grade eingegossen worden sind wie keinem anderen geschaffenen Wesen.

 

26. Bei der Erschaffung der Engel hat Gott in seiner Freigebigkeit ihnen unschätzbar und unzählbar viel Heiligkeit, Vollkommenheiten und Vorzüge verliehen; er hat auch vielen frommen Menschen manche große Gnaden, Tugenden und Heiligkeit aus lauter Güte mitgeteilt; über alle aber hat er der allerseligsten Jungfrau Maria sowohl bei ihrer Erschaffung wie nachher in ihrem heiligen Leben viele unbegreifliche Gnaden Privilegien und Vollkommenheiten verehrt und geschenkt. Und nun zähle all dieses zusammen, so viel hat der Heilige Geist der menschlichen Natur Christi bei der Erschaffung mitgeteilt, nein, noch viel mehr denn über dieses hinaus noch viele andere gleichsam unendliche Gnaden, Reichtümer und himmlische Schätze. Nun urteile selbst, wie unbegreiflich edel, schön, liebenswürdig, verständig und glorwürdig die heilige Menschheit Christi sein mag, da sie ein unendliches Meer aller Vollkommenheiten in sich begreift.

 

27. Diese allerkostbarste und allerhochwürdigste Menschheit Christi ist also das einzig teuere Opfer, welches der höchste Bischof unserer Seelen, der eingeborene Sohn Gottes, der allerheiligsten Dreifaltigkeit täglich in allen hl. Messen aufopfert. Mit ihr zugleich opfert er alles dasjenige, was diese heiligste Menschheit in den dreiunddreißig Jahren seines Wandels hier auf Erden zu größerer Ehre des dreifaltigen Gottes in herzlicher Liebe getan und mit bitteren Schmerzen gelitten hat, nämlich all sein Fasten, Wachen, Beten, Reisen, seine Bußwerke, Predigten und Abtötungen all seine Verfolgungen, seine Verachtung und Verspottung, seine Schmerzen, Geißelstreiche, seine Dornenkrönung und Annagelung, seine Wunden, Peinen und Qualen, all seine Tränen und Schweißtropfen, seinen Blutesschweiß, das Wasser seiner Seite und sein kostbares Blut. Dieses alles stellt Christus in jeder Messe der hl. Dreifaltigkeit vor Augen und opfert es auf ebenso kräftige und annehmbare Weise, wie er es in seinem heiligen Leben und Leiden getan hat.

 

28. Und nun kommt als Hauptsache noch dazu, dass Christus diese seine hl. Menschheit nicht allein aufopfert, sondern in innigster Vereinigung mit seiner göttlichen Natur. Denn obwohl im hl. Messopfer nicht eigentlich die Gottheit, sondern die Menschheit Christi der heiligsten Dreifaltigkeit aufgeopfert wird, so doch in der Vollkommenheit, welche sie durch die persönliche Vereinigung mit der Gottheit empfangen hat. Durch diese Vereinigung ist die menschliche Natur Christi vergöttlicht, mit unendlichen, göttlichen Schätzen bereichert und von unendlichem Wert und unendlicher Würde geworden. Daraus kannst du nun schließen, was für ein überaus kostbares Opfer unser Heiland in jeder hl. Messe dem himmlischen Vater darbringt.

 

29. Zuletzt ist auch noch wohl zu erwägen, dass Christus seine Menschheit nicht aufopfert in der Gestalt in welcher sie im Himmel ist, sondern in der Gestalt, wie sie auf dem Altare gegenwärtig wird. Denn im Himmel ist die Menschheit Christi so glorwürdig und majestätisch, dass auch die hl. Engel davor erzittern. Auf dem Altare aber ist sie so demütig und erniedrigt dass ebendieselben hl. Engel sich gar nicht genug darüber verwundern können. Denn hier ist diese göttliche Menschheit unter der Gestalt der hl. Hostie verborgen, wie mit dem ärmsten Gewand umkleidet, ja wie in einem engen Gefängnis verschlossen. Denn diese Gestalten umgeben den Leib Christi und halten ihn so eingeschossen, dass keine Gewalt ihn davon wieder trennen kann, solange die Gestalten währen. Der unsterbliche Leib Christi erscheint auf dem Altar nicht größer, als die Gestalt der hl. Hostie ist, ja, wie das kleinste Teilchen, das von der größeren Hostie abfällt, weil er in jedem Teile der konsekrierten Hostie ganz zugegen ist. Weder in solchen kleinen Stücklein noch in der großen Hostie kann er seine Hände und Füße bewegen oder ein äußerliches Werk tun, nein, wie in einem Gefängnis liegt er da, all seiner Macht und Kräfte gleichsam beraubt.

 

30. Was mag der dreifaltige Gott sagen, wenn er diese glorwürdigste Menschheit Christi in solch demütiger Gestalt anschaut und gleichsam wie ein verächtliches Würmlein vor seinen Füßen liegend erblickt! 0, was für eine gewaltige Ehre empfängt der himmlische Vater dadurch, da er ja siehet, dass sein Sohn all diese äußerste Erniedrigung zu desto höherer Ehre des Vaters auf sich nimmt. 0, was für eine unbegreiflich große Kraft und Hoheit empfängt das hl. Messopfer dadurch! 0, was für großes Heil und Nutzen bekommen dadurch die Menschen, für welche das hochheilige Opfer verrichtet und aufgeopfert wird! 0, was für Trost und Erquickung gewinnen daraus die Seelen im Fegefeuer, für deren Erlösung diese heilsame Messe gelesen und gehört wird!

 

31. In dem Buche von den vortrefflichen Männern des Cistercienserordens ist zu lesen, wie zu Zeiten des hl. Bernard ein Ordensmann zu Clairvaux gestorben und zu den Peinen des Fegefeuers verurteilt sei. Dieser erschien einem alten Pater und bat, die Priester möchten doch die hl. Messe für ihn lesen. Nach wenigen Tagen erschien er dem Pater wieder mit fröhlichem Angesicht, wies ihn dann hin auf die hl. Messen welche die Priester in der Klosterkirche für ihn lasen und sprach: "Siehe, das sind die Waffen der Gnade Gottes wodurch ich errettet worden bin. Ich sage dir in Wahrheit, dass diesen Waffen der göttlichen Gnade, dieser Kraft der Barmherzigkeit Gottes, diesem Schlachtopfer des Heilands, gar nichts widerstehen kann als nur einzig und allein ein unbußfertiges Herz. Dieses setze ich hierher, damit du die Herrlichkeit der hl. Messe aus diesem Lobspruche desto besser erkennest und sie desto lieber, öfter und andächtiger hören mögest. Denn die täglichen hl. Messen sind die Waffen der göttlichen Gnade, die Kraft der göttlichen Barmherzigkeit; sie enthält jenes Schlachtopfer, dem nichts widerstehen kann, wenn man sie mit Andacht hört. Wir sollen uns befleißen, unserem treuen Heiland herzlichen Dank zu sagen, dass er sich täglich und stündlich dem himmlischen Vater aufopfert, und sollen ihm danken, dass er uns diese kräftigen Waffen gegeben hat, durch die wir Gottes Gnaden erwerben und seine Barmherzigkeit gleichsam erzwingen können.

 

 

32. Zu größerem Ruhm der hl. Messe wollen wir nun vernehmen, was sich bei der Einweihung der Wallfahrtskapelle in Einsiedeln nach dem Zeugnis des hl. Konrad in der Nacht zum 14. September 948 zugetragen hat. Im Leben des hl. Meinrad ist zu lesen, wie achtzig Jahre nach dessen Tode Eberhard, ein frommer Einsiedler, all sein ererbtes Vermögen zum Bau des Klosters verwendet und endlich den hl. Konrad, Bischof von Konstanz, ersucht habe, die Einweihung der Kapelle vorzunehmen. Als dieser nun in der Nacht vor der Weihe in die Kapelle gehen wollte, um zu beten, hörte er darin schon die Antiphonen und Responsorien von der Kirchweihe laut singen. Als er hineinkam, sah er die Kapelle voller Engel und Christum selbst in bischöflicher Kleidung, wie er dieselbe einweihte. Hierüber geriet Konrad in solches Staunen, dass er unbeweglich weiter dort verharrte. Er sah und hörte, wie Christus ganz dieselben Worte und Zeremonien brauchte, welche die Kirche vorschreibt, und wie die Heiligen ihm dabei dienten. Maria, zu deren Ehre die Kapelle und der Altar geweiht wurden, stand auf dem Altar in höchster Herrlichkeit, glänzender als die Sonne und leuchtend wie der Blitz. Nach Vollendung der Weihe sang der Heiland das Hochamt in größter Feierlichkeit, und die Chöre der Engel musizierten und sangen dazu so herrlich, dass St. Konrad vor lauter Wonne fast vergangen wäre. Nach vollendeter Messe verschwand das himmlische Heer und hinterließ ihn voll Freude und Süßigkeit. Als man dann am nächsten Morgen ihn drang, die Weihe zu beginnen, da hörten alle eine Stimme vom Himmel, die dreimal sprach: "Höre auf, Bruder, die Kapelle ist schon konsekriert." So ließ er dann ab mit der Weihe und schrieb diese wundersame Sache nach Rom an den Heiligen Vater. 0 wären wir doch bei dem hl. Konrad gewesen und hätten sehen können, was er gesehen hat: was für Verwunderung, was für Freude, was für Andacht würden wir empfunden haben! Wir freuen uns auch so, weil wir wissen, dass Christus selbst alle Tage in der hl. Messe sich selbst aufopfert, und dass wir daran teilnehmen können, wenn wir nur wollen.
  

 

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